Zeit und Vergänglichkeit. Die Endlichkeit des menschlichen Lebens – das sind die Themen, die die bayerische Band Dreiviertelblut seit jeher umtreiben. Gegründet haben das Septett 2012 der Gitarrist Gerd Baumann und der Sänger Sebastian Horn.
Baumann hatte sich zuvor schon einen Namen als Filmkomponist gemacht, vor allem für die Kinokomödien von Marcus H. Rosenmüller. Horn kannte man als Frontmann des Tölzer Trios „Bananafishbones“. Mit der – wie Horn und Baumann es nennen – „folklorefreien Volksmusik“ von Dreiviertelblut landeten sie einen Volltreffer. Heute erscheint das fünfte Studioalbum der Band, dessen Titel nahtlos an deren bisherigem Œuvre anzuknüpfen scheint. Es heißt: „Prost Ewigkeit“.
Nicht nur existenzielle Vergänglichkeit
„Man wird etwas kritischer und geiziger mit der Zeit, je älter man wird und diese Vergänglichkeit so ganz arg spürt. Umso konzentrierter ist man in der Auswahl, wie man die Zeit füllt.“ Je länger die Zeit, die man als Band zusammen ist, sagt Komponist Gerd Baumann, desto konsequenter wird man in dem, was man macht. Dabei ist es nicht so, dass Dreiviertelblut ihren eigenen unverwechselbaren Stil nicht längst gefunden hätten. Und trotzdem wird man ja nie fertig – es muss „immer weida“ geh’n: „Ich würde sagen, jedes Album ist geprägt von der Zeit, in der es entsteht. Und das ist halt eine extreme Zeit, in der wir leben“.
Davon zeugt denn auch gleich der erste Song auf „Prost Ewigkeit“: „Das Lied ist entstanden am Abend der Wahl in Österreich, als die Wahlergebnisse reinkamen. Man weiß es ja vorher und kann es trotzdem nicht glauben, dass die Rückwärtsgewandten so Zulauf haben. Und das war ein Zustand, da musste ich mich erstmal auskotzen, und ich hab dann nur diesen Refrain gemacht: ‘Kumm, schiaß ma uns aufn Mond!‘, weil ich gedacht habe: „Jetzt hauen wir ab, jetzt habe ich keinen Bock mehr'“.
Die Untergangsstimmung auf „Prost Ewigkeit“ ist also nicht nur rein existentieller Natur angesichts der Vergänglichkeit allen irdischen Daseins. Sie hat durchaus eine politische Dimension. Nur dass Dreiviertelblut sie lieber in Metaphern verpacken, wie Sänger Sebastian Horn erklärt: „Das sehe ich so ein bisschen nach dem alten Rock’n’Roll-Motto: ‚Never wave a flag, when you’re rock’n’rolling‘. Aber da sind so viele Hinweise drin. Also zum Beispiel: ‚Die Luft wird blau. Mach’s Fenster auf. Koana der si ausse traut‘. Also eindeutiger geht’s nicht“.
Der schönste irdische Zustand
Im Video zu „Aufn Mond“ ironisieren Baumann und Horn ihre Mond-Mission. Da sieht man sie ausstaffiert wie Faschingsastronauten mit Taucherbrillen, Sturmhaube, Fliegermütze und angepappten Drachenflieger-Flügeln auf einem Traktor mit Propeller beim Versuch abzuheben – vergeblich.
Musikalisch hingegen gelingt die Eroberung neuer Sphären. Natürlich verlassen Dreiviertelblut nicht den bewährten Kosmos zwischen Bayerisch-Wildwest, Balkan, Blues und Tom-Waits-tiefer Melancholie. Merklich aber mischt sich immer wieder ein so bei der Band noch nicht dagewesener synthetischer Sound in die ansonsten eher analoge Klangwelt.
Das gibt einigen Songs extra Drive – zusätzlich zum vertrauten Sog, der die Musik von Dreiviertelblut seit jeher auszeichnet und dem man sich kaum entziehen kann. „Sich zu verlieren im Klang, im Flow, in der Welt der Musik – das ist der schönste irdische Zustand, den ich beschreiben könnte. Und deswegen ist das einer der Hauptgründe, Musik zu machen“, sagt Baumann. Was sich dann anfühlt, als bekäme man einen kleinen Zipfel der Unendlichkeit zu fassen, bereits hier auf Erden. Und darauf: Prost Ewigkeit.
„Prost Ewigkeit“ – das neue Album von Dreiviertelblut erscheint am Freitag. Und am kommenden Dienstag (22.5.) stellt es die Band im Münchner Circus Krone live vor. Bayern 2 präsentiert das Konzert und die anschließende Tour. Alle Termine unter bayern2.de.