„Alle stimmen einem Waffenstillstand zu, aber es wird nicht dazu kommen, denn Putin braucht eine Pause von der Diplomatie und Selenskyj braucht eine Pause vom Krieg“, schreibt der Polit-Blog „Russische Dekadenz“ [externer Link]: „Putin versucht mit aller Kraft, Zeit zu schinden und zerrt die Friedensbemühungen in den Sumpf ergebnisloser Treffen.“
Das Angebot des russischen Präsidenten, ab 15. Mai in Istanbul „ohne Vorbedingungen“ direkt mit der Ukraine über eine Beendigung des Krieges zu verhandeln, sorgte – wenig verwunderlich – für ein höchst kontroverses Echo.
„Wir haben großartige Leistungen gezeigt, das reicht jetzt“, so der russische Polit-Blogger Anatoli Nesmijan [externer Link]. Aus strategischer Sicht sei der Krieg für Russland ohnehin „sinnlos“ geworden, schließlich habe es der Kreml nach drei Jahren immer noch nicht geschafft, eindeutige Ziele zu benennen. „Auch aus der Perspektive der Ressourcenverknappung ist die Lage kritisch: Der Nationale Wohlfahrtsfonds ist erschöpft und um das Ganze zu finanzieren, müssen allzu riskante Schritte unternommen werden. Zudem steht die Wirtschaft am Rande des Zusammenbruchs“, so Nesmijan.
„Geschichtsvorlesungen in Istanbul“
Tatsächlich gebe es immer weniger offene Streitpunkte zwischen Moskau und Kiew, behauptet Politologe Dmitri Michailitschenko [externer Link]: „Es ist unwahrscheinlich, dass die Parteien nächste Woche eine Einigung erzielen, aber sie nähern sich langsam, aber sicher einer Einigung.“
Ganz anders die Einschätzung von Politologe Andrei Nikulin [externer Link]: „Es wird keinen Waffenstillstand geben und die Ukrainer werden höchstwahrscheinlich nach Istanbul fahren müssen, um sich dort Geschichtsvorlesungen anzuhören.“ Letztlich verlange Putin von Kiew nichts anderes als eine Kapitulation.
Putin spricht von „Krieg“
Militärblogger zeigten sich so überrascht wie begeistert, dass Putin bei seinem nächtlichen Auftritt erstmals von „Krieg“ sprach [externer Link], statt ihn wie bisher als „Spezialoperation“ zu verharmlosen. Jury Podoljak, mit 3,1 Millionen Abonnenten einer der tonangebenden Kommentatoren, zeigte sich so angetan, dass er das Wort KRIEG, das im Zusammenhang mit der Ukraine in Russland nach wie vor unter Strafe steht, in Großbuchstaben wiederholte.
Putin habe nach der Waffenstillstands-Diplomatie des Westens „Klartext“ gesprochen: „Im Allgemeinen wehrte der Oberkommandierende den Angriff des Gegners wunderbar ab und spielte den Ball auf die gegnerische Seite zurück.“ Wenn die Gegenseite „mit etwas nicht einverstanden“ sei, dann „könne sie zur Hölle fahren und sich selbst die Schuld geben“. Eine „Ruhepause“ bekomme Kiew definitiv nicht.