Dass ein Kulturprodukt einen Suchtfaktor entwickeln kann, das wissen wir. Und „macht süchtig“ wird im Feuilleton ja auch immer gerne als Gütesiegel verwendet. Seit wir Serien streamen, hat sich das „Nicht-aufhören-können-Phänomen“ nochmal deutlich verschärft. Binge-Watching ist ja inzwischen quasi die typische Rezeptionsform.
Zeit, das Ganze zu untersuchen: Die Technische Hochschule Köln hat sich dem Binge-Watching in einer Studie gewidmet.
Düster macht süchtig
Besonders fesselnd sind demnach Krimi-Serien, Sitcoms und Science-Fiction- oder Fantasyinhalte. „Familienserien oder Animationsserien haben einen eher negativen Effekt, die werden nicht so stark zum Binge-Watching genutzt“, sagt Professor Christian Zabel, Leiter der Studie, im Gespräch mit dem BR. Zabel und seine Mitarbeiter haben aber nicht nur auf das Genre geachtet, sondern auch die Machart: „dunkle Tonalität und ein außergewöhnliches Setting“ sind offenbar binge-fördernd.
Eskapismus als zentrales Motiv
Überraschend sind die Forschungsergebnisse zu einem klassischen Serien-Element, an das man in puncto Noch-eine-Folge-Impuls eigentlich als Erstes denkt: den Cliffhanger. „Ich hätte ja gedacht, das Allerwichtigste sind die Cliffhanger, die so spannend wie möglich sein müssen“, sagt Zabel, „diese übergreifenden Handlungen, das kennen wir ja bei fast allen Serien, dass man halt einen großen Handlungsbogen hat, der sich über viele Episoden erstreckt. Und hier müssen wir sagen, haben wir zumindest keinen Effekt gefunden“.
Auch überraschend: Serien als Gesprächsstoff oder die reine Langeweile als Motivation zum Dauerglotzen sind eher geringer ausgeprägte Motivationen. Die stärkste: der Eskapismus. Die größte Motivation bleibt also die Sehnsucht nach fremden Welten.