„Bevor ich das Haus übergeben konnte, wollte ich ein Wochenende alleine sein“, sagt Anke Borges aus Ingolstadt, die vor ein paar Monaten das Haus ihrer verstorbenen Eltern verkaufen musste. „Ich habe da alleine geschlafen, habe nochmal alle Schränke, alle Türen, alles nochmal aufgemacht.“
Abschied nehmen war schwierig für sie. Und auch der Umgang mit den Dingen im Haus. „Sachen, die ich nützlich fand, habe ich versucht mitzunehmen. Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem man feststellt, man kann nicht alles mitnehmen.“
Zu viele Erinnerungsstücke: Was, wenn Ausmisten weh tut?
Die Pädagogin Christina Erdmann begleitet Menschen, die mit der Wohnungsauflösung von Verstorbenen überfordert sind, und hat ein Buch darüber geschrieben. Ihr Tipp: „Fangen Sie nicht mit den Eltern an, sondern mit sich selbst. Nehmen Sie sich zwei Stunden Zeit und überlegen, was Ihnen das Elternhaus bedeutet.“
Bei einer Wohnungsauflösung sollten nicht die möglichen Wünsche der Verstorbenen im Mittelpunkt stehen. Wer sich den Eltern gegenüber verpflichtet fühlt, korrekt mit ihren Hinterlassenschaften umzugehen, laufe Gefahr, von den eigenen Gefühlen überwältigt zu werden und nicht mehr handlungsfähig zu sein.
Mit leichten Dingen anfangen – den „Ausmist-Muskel“ trainieren
„Die Menschen machen es sich häufig unnötig schwer, indem sie sagen: Ich will es in Mamas oder Papas Sinne machen“, sagt Erdmann. „Doch wenn die Verstorbenen eine bestimmte Idee gehabt hätten, was damit passieren soll, dann wäre es ihre Pflicht gewesen, das zu sagen.“
Zu entscheiden, welche Dinge man weggibt oder gar wegschmeißt, kann schmerzhaft sein. Christina Erdmann rät deswegen: „Fangen Sie mit etwas Banalem an, was im Keller liegt und niemand mehr will.“ Um Kunstwerke oder Fotoalben sollte man sich später kümmern, wenn der „Ausmist-Muskel“ trainiert ist, so die Expertin.
Erinnerungen im Bild: Fotos vom Elternhaus
Kaum jemand hat genug Platz, um alle Erinnerungsstücke der Eltern zu behalten. Jörg Egerer fotografiert deshalb Elternhäuser. Angefangen hat er vor mehr als vier Jahren mit seinem eigenen Elternhaus. „Ich konnte erst einmal gar nicht fotografieren“, erinnert er sich. „Es war nur noch diese Hülle da. Es hat mich belastet, ich hab mich in das Elternhaus gesetzt, hineingehorcht. Das war mein Abschied und die Bilder helfen mir dabei, die Vergangenheit Revue passieren zu lassen.“
Einen ähnlichen Weg hat auch Anke Borges aus Ingolstadt gewählt. Sie hat mit ihrem Handy einen letzten Rundgang durch die Wohnung ihrer Eltern gefilmt. „Ich wollte es einfach so in Erinnerung behalten, wie ich es erlebt habe.“ Am Ende war ihr auch wichtig, wer das Haus bekommt. „Ich habe mir eine Familie mit zwei Kindern vorgestellt, genau wie wir.“ Dass tatsächliche eine Familie mit zwei Kindern eingezogen ist, hat ihr dabei geholfen, abzuschließen.