Die Vorbereitungen dauerten mehrere Jahre, damit das Werk am Ende für zwei Wochen zu sehen war. Vor 30 Jahren lockten das Künstlerehepaar Jeanne-Claude und Christo mit ihrem Kunstprojekt „Verhüllter Reichstag“ fünf Millionen Menschen in die Hauptstadt. Alle wollten sie sehen, wie 100.000 Quadratmeter an silbrig glänzendem Stoff das historische Gebäude bedecken.
Für manche war das ein „Jahrhunderterlebnis“, ein einmaliges Spektakel, das bis heute als eines der wichtigsten Werke von Kunst im öffentlichen Raum gilt. Und an das jetzt mit einer Neuinterpretation erinnert werden soll.
Remake aus Licht
Statt echtem Stoff und Gewebe wird jetzt mit 24 Hochleistungsprojektoren auf ein Lichtspiel gesetzt. In einem 20-minütigen Loop wird der Auf- und Abbau der Reichstagsverhüllung gezeigt, allerdings eher abstrakt. Am Anfang sieht man als weiße Linien eher abstrahiert das Gerüst, das die Fassade schützte. Dann erst rollen die silberglänzenden Planen als Lichtprojektion von der Fassade herab. Einige paar hundert Zuschauer hatten sich am Montagabend dafür vor dem Gebäude versammelt, von denen manche nicht einmal bis zum Ende des Loops blieben.
Original bleibt einmalig
Brachte die Verhüllung von Jeanne-Claude und Christo die Architektur komplett zum Verschwinden, bleiben Säulen, Gesimse und Fenster bei der Lichtprojektion weiterhin sichtbar. Und genau das macht auch den Unterschied zum Original aus. Zudem bleibt die Lichtprojektion im Loop auch immer gleich, während die reale Verhüllung, bedingt durch das Material des Stoffes, ganz überraschend von einer Minute zur anderen einen völlig anderen Eindruck erzielen konnte. Je nach Lichteinfall von leicht und fast schwebend bis zu opak, dicht und schwer.
Diamant am Platz der Republik
Dass diese Lichtshow nicht an die damalige Verhüllung herankommt, das wissen auch die Initiatoren des Erinnerungsereignisses. Einmalig sei das damals gewesen, „dieser verhüllte Reichstag, der wie ein großer, funkelnder Diamant aus dem All einfach direkt hier auf den Platz der Republik gefallen ist“, erinnert sich Peter Schwenkow. Er und Roland Specker sind zwei ehemalige Vorkämpfer der Reichstagsverhüllung und haben die Neuinszenierung ermöglicht.
Trotzdem hoffen sie auf eine ähnliche Atmosphäre wie damals und laden zum Verweilen ein. Man solle sich eine Flasche Rotwein mitnehmen, sich hinsetzen und die Show genießen. Die Lichtprojektion ist noch bis zum 20.6. zu bestaunen, immer von 21:30 bis 01:00 Uhr nachts.