Die Liste der Interessenten für das US-Geschäft von TikTok ist lang – und ist gerade noch etwas länger geworden: Amazon hat angeblich nun ebenfalls seinen Hut in den Ring geworfen. Der New York Times zufolge (externer Link; möglicherweise Bezahlinhalt) hat der Shopping-Riese ein Angebot an Vizepräsident JD Vance und Handelsminister Howard Lutnick geschickt.
Kauf durch Amazon hätte eine gewisse Logik
Der US-Konzern sucht gerade nach neuen Vertriebswegen für junge Kundschaft, unter anderem, um dem aggressiven Geschäftsgebaren des chinesischen Rivalen Temu etwas entgegenzusetzen. TikTok betreibt seit geraumer Zeit einen eigenen Shopping-Kanal, der direkt an die Videoplattform angebunden ist und hat damit großen Erfolg. Deshalb soll das Modell auch in Deutschland aufgebaut werden, mit München als Zentrale.
Unklar, ob TikTok Deutschland betroffen ist
Bayerns Digitalminister Fabian Mehring beobachtet die Vorgänge in den USA interessiert, wie er betont. Für den neuen Standort in München ändere die Debatte dort aber vorerst nichts, heißt es. TikTok Deutschland äußert sich unterdessen gar nicht zu den Vorgängen in den USA. Der deutsche Ableger ist zwar weitgehend unabhängig vom amerikanischen Teil, aber nicht völlig. So findet zum Beispiel die Prüfung des Algorithmus durch den US-Konzern Oracle statt und damit nicht in Europa oder Deutschland.
Außerdem ist die Konzern-Struktur extrem verschachtelt. Der europäische Teil von TikTok gehört größtenteils zu einer Tochter-Gesellschaft in Großbritannien. Dabei ist unklar, über welchen Teil des Mutter-Konzern Bytedance eigentlich gerade in den USA verhandelt wird und ob die britische und damit die anderen europäischen Teile irgendwie dazu gehören. Insofern kann also auch nicht wirklich ausgeschlossen werden, dass deutsche Kunden irgendwie die Folgen zu spüren bekommen werden.
Musk und ein Dutzend andere Interessenten
Unklar ist ferner, wie ernst die Offerte von Amazon für TikTok in den USA wirklich gemeint war. Die New York Times beruft sich auf Insider, die Zweifel daran hegen, dass der Shopping- und Logistik-Riese wirklich einsteigen will. So fällt der Blick wieder auf andere Interessenten. Gehandelt wurde eine Zeitlang zum Beispiel Elon Musk. Der Milliardär will seinen Kurznachrichten-Dienst X seit längerem schon zu einer Superplattform ausbauen, in der dann User auch einkaufen könnten. Und da er – noch zumindest – sehr enge Beziehungen zu Präsident Trump pflegt, wurden ihm gute Chance zugesprochen, den Zuschlag zu bekommen. Auch Microsoft hatte zwischenzeitlich Interesse.
Im Rennen ist außerdem der Softwarekonzern Oracle, mit dem TikTok bereits die genannte Partnerschaft unterhält. Der US-Sender CNBC berichtet zudem von Applovin (externer Link; möglicherweise Bezahlinhalt). Das Unternehmen ist mit Marketing-Modellen für Apps groß geworden und soll sich gemeinsam mit einem Casino-Mogul für TikTok bewerben. Die Liste der angeblichen Interessenten ist noch länger, es wird von über einem Dutzend gesprochen.
Trump könnte TikTok-Deal mit Zöllen verknüpfen
Ob überhaupt ein Deal zustande kommt, oder die Video-App in den USA nicht einfach abgeschaltet wird, hängt vor allem von US-Präsident Trump ab. Der will angeblich die Verhandlungen mit den Zoll-Plänen kombinieren, um einen guten TikTok-Deal zu erreichen. Der Mutter-Konzern Bytedance hat sich nämlich bislang geweigert, seinen TikTok-Algorithmus herauszugeben. Ein Käufer müsste also die Software für die Video-Plattform selbst neu programmieren, wobei ungewiss ist, ob das gut gelingt. Trump könnte also zum Beispiel von Peking fordern, den Algorithmus preis zu geben, wenn dafür die Zölle niedriger ausfallen.
Doch auch hier gibt es noch ein großes Aber: Der Mutter-Konzern Bytedance gehört zu 58 Prozent einem internationalen Konsortium. Der Einfluss der chinesischen Regierung ist also ohnehin begrenzt.