Das große Manko bei Kryptowährungen, wie Bitcoin oder Ether ist, dass deren Kurse stark schwanken. Anders bei Stablecoins: Diese vergleichsweise neue Form des Kryptogeldes wird meist mit stabilen Vermögenswerten unterlegt, also mit Dollar, Gold oder US-Staatsanleihen. Das heißt, Unternehmen, die einen Stablecoin herausgeben, müssen für jede dieser virtuellen Münzen Dollar, Unzen oder Bonds in Reserve halten. Das soll Vertrauen schaffen nach dem Motto: seht her, ihr könnt eure Stablecoins jederzeit wieder zurücktauschen.
Stablecoins überholen Mastercard und Visa
Für Anleger, die auf Kurssteigerungen spekulieren wollen, sind Stablecoins deshalb aber gerade nichts. Die beiden Größten, Tether und USD-Coin, klebten in den vergangenen Jahren geradezu am Dollar. Diese Verlässlichkeit haben dem Segment einen enormen Boom beschert. Laut Deutsche Bank Research stieg das Transaktionsvolumen, also die Käufe und Verkäufe, rasant an. 2024 kamen 28 Billionen Dollar zusammen. Damit wurde mit Stablecoins mehr Geld bewegt, als mit Visa oder Mastercard.
Wofür werden Stablecoins verwendet?
Stablecoins sind zunächst einmal Rückzugsort für viele Krypto-Anleger. Wer etwa Bitcoins besitzt und glaubt, dass ein Kurssturz bevorsteht, tauscht schnell in Tether um und kann so relativ geschützt abwarten. Vorteil: man muss nicht in Dollar oder Euro wechseln, was aufwändig ist und teils hohe Gebühren kostet.
Stablecoins sind zudem für Menschen ohne Bankkonto eine Möglichkeit, schnell und günstig Geld rund um den Globus zu verschicken. In Afrika und insbesondere in Nigeria (externer Link) wird inzwischen immer häufiger damit bezahlt, aber auch gespart.
Stablecoins stützen den Dollar
Die US-Währung steht derzeit vor allem wegen Trumps Zollpolitik unter Druck. Der Stablecoin-Boom könnte den Dollar nun wieder stützen. Laut Deutscher Bank Research sind 83 % der Stablecoins mit Dollar oder US-Staatsanleihen hinterlegt. Allein Tether hält knapp 100 Milliarden Dollar in US-Staatsanleihen – mehr als viele Nationalbanken.
Wächst die Nachfrage nach Tether und Co. weiter, dann werden auch mehr Dollar nachgefragt, was der US-Währung wieder nach oben helfen könnte. Laut Marion Laboure von Deutsche Bank Research treiben Stablecoins in Schwellenländern dabei die Abhängigkeit vom Dollar und von US-Wirtschaftsinteressen voran.
Was Trump mit Stablecoins vorhat
Der aktuelle Boom wird auch von der US-Regierung angetrieben. US-Präsident Donald Trump will mit einem neuen Gesetz, dem Genius Act (externer Link), Vertrauen in Stablecoins schaffen und sie damit vorantreiben. Dabei hat das Krypto-Unternehmen World Liberty Financial hinter dem Trumps Familie steckt, selbst einen Stablecoin aufgelegt, den USD1.
Außerdem will Trump die steigende Staatsverschuldung der USA durch Stablecoins besser in den Griff bekommen. Das Kalkül: wenn immer mehr dieser Münzen geschaffen werden, die auch Dank des neuen Gesetzes mit amerikanischen Staatsanleihen hinterlegt werden müssen, dann tut sich die US-Regierung beim Schuldenmachen leichter.
Welche Gefahr droht dem weltweiten Finanzsystem?
Viele Experten warnen vor einem geldpolitischen Kartenhaus. Die neuen Stablecoins verflechten das traditionelle Finanzsystem auf unheilvolle Weise mit den hochspekulativen Kryptomärkten (Bitcoin und Co). Ein Vorwurf: Stablecoins seien gar nicht so stabil, denn die Absicherung durch Dollar oder US-Anleihen werde – auch mit Trumps neuem Gesetz – viel zu lax kontrolliert. Die Folgen könnten dramatisch sein.
Zwei Horrorszenarien:
- die Kurse der Staatsanleihen geben nach. Anleger befürchten, dass dadurch ihre Stablecoins nicht mehr ausreichend hinterlegt sind. Immer mehr verkaufen ihre Stablecoins. Die Betreiber etwa des Tether können das (echte) Geld nicht schnell genug auftreiben. Die Kurse der vermeintlich sicheren Stablecoins kollabieren.
- oder: der Bitcoin-Kurs bricht ein, Anleger flüchten und tauschen ihre Bitcoins massenhaft in Stablecoins. Die müssen schnell mit Dollar oder Staatsanleihen hinterlegt werden. Es kommt dort zu Verwerfungen und Chaos.
Solche Effekte können sich gegenseitig aufschaukeln. Gleichzeitig haben Zentralbanken wie die Fed oder die EZB immer weniger Einflussmöglichkeiten, wenn die Menschen ihre Transaktionen nicht mehr über Geld und Bankkonten abwickeln, sondern zunehmend via Stablecoins. Experten warnen deshalb: wer soll dann in Zukunft noch Finanzkrisen verhindern?