Kein europäisches Land hat den Schritt bisher gewagt und nirgendwo ist der Bruch so radikal. Ab Neujahr will sich die staatliche dänisch-schwedische PostNord ausschließlich auf Pakete konzentrieren. Das Unternehmen begründet die Entscheidung mit einem langfristigen Trend: In den vergangenen 25 Jahren sei das Briefvolumen in Dänemark um mehr als 90 Prozent eingebrochen. Öffentliche Briefkästen werden abgebaut, Zustellnetze zurückgefahren. Möglich wird der Schritt, weil die Regierung in Kopenhagen die Postpflicht bereits 2024 gelockert hat. Statt eines staatlich gesicherten Grunddiensts sollen einzelne Anbieter wie Dansk Avis Omdeling (DAO) die wenigen verbleibenden Briefe übernehmen.
Immer weniger Postämter in Bayern
Auch in Deutschland werden immer weniger Briefe verschickt. Im aktuellen Briefmarktbericht der Bundesnetzagentur ging die Zahl der Briefsendungen seit 2019 von knapp 13,6 auf nur noch rund 10,3 Milliarden Briefe zurück. Rund 95 Prozent davon entfallen auf Geschäftskunden, etwa Unternehmen oder Behörden, und nur noch wenige auf den Privatbereich. Eine Entwicklung, die Konsequenzen hat, nicht zuletzt in ländlichen Regionen auch in Bayern. Laut Gesetz muss es in Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine Postfiliale geben. Doch die Realität sieht anders aus.
Für das vergangene Jahr listet die Bundesnetzagentur mittlerweile 32 dieser sogenannten Pflichtstandorte auf, die derzeit unbesetzt sind. Filialen schließen, Betreiberverträge enden, Nachfolger finden sich nicht – das ist der Trend. Um Versorgungslücken zu vermeiden, greift die Deutsche Post zu einem Modell, das in Dänemark längst Standard ist: Automatisierungsstationen. In Bayern gibt es derzeit 17 dieser „Filialen ohne Personal“. Sie bestehen meist aus Paketfächern, Briefkästen und Terminals für den Kauf von Marken oder das Einzahlen vorfrankierter Sendungen – oft rund um die Uhr nutzbar. Sie finden sich vor allem in ländlichen Gebieten oder Randlagen, etwa in Maisach (Landkreis Fürstenfeldbruck), Brennberg (Landkreis Regensburg), Hummeltal (Landkreis Bayreuth), Vogtareuth (Landkreis Rosenheim) oder Egling (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen). Für einige unbesetzte Pflichtstandorte plant die Post bis zum Jahresende zusätzliche Automaten. Das zeigt: Auch hierzulande dünnt das klassische Netz aus – nur eben graduell, nicht per Regierungsbeschluss.
Darum droht kein Ende der Briefzustellung im Deutschland
Ein komplettes Aus der staatlichen Briefzustellung wie in Dänemark droht hierzulande aktuell nicht. Denn in Deutschland ist der Briefzustellmarkt durch die Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) gesetzlich reguliert. Sie schreibt vor, dass Briefe mindestens zweimal wöchentlich auch in entlegenen Gebieten zugestellt werden müssen. Für eine Abschaffung dieser Regelung gibt es derzeit keine politischen Mehrheiten – anders als in Dänemark, wo eine vergleichbare Verpflichtung im vergangenen Jahr abgeschafft wurde.
Auch wenn Bayern und Deutschland nicht das Aus der gelben Kästen droht, deutet der Trend auf eine zunehmende Digitalisierung. Bei weiter sinkenden Mengen könnte eine Reduzierung der Zustelltage diskutiert werden – oder nur noch mit Aufpreis schneller an ihr Ziel gelangen. Briefpost würde damit zur „Premium-Leistung“ – teurer, seltener, stärker automatisiert.
Modernstes Briefzentrum in Bayern
Um ihre Abläufe zu verbessern, investiert die Post in die Effizienz ihrer Infrastruktur. In Germering eröffnete sie im März das größte und modernste Briefzentrum des Landes. Hier werden Briefe und warentragende Sendungen gemeinsam verarbeitet. Sortierroboter und KI-gestützte Routing-Systeme sollen rund zwei Millionen Sendungen am Tag ermöglichen. Der Schritt zielt auf Effizienz: Wenn die Masse schrumpft, muss der Prozess günstiger werden.
Für Bayern gilt: Die Zahl der Briefe sinkt, die Infrastruktur verändert sich, der Umbau hat längst begonnen. Aber das Ende der Briefzustellung steht nicht bevor.

