Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, hat im „BR24 Thema des Tages“ vor einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes gewarnt. „Das wird nicht Wirtschaftswachstum fördern, sondern das wird mehr Krankheit erzeugen unter den Beschäftigten“, sagte sie vor dem sogenannten „Sozialpartnerdialog“ in Berlin, bei dem die Bundesregierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften am Donnerstag über flexiblere Arbeitszeiten sprechen will.
DGB-Chefin beklagt immer schwächere Tarifbindung
Fahimi forderte vielmehr eine Verschärfung der aktuellen Regelung. Vor dem Hintergrund „zunehmender dubioser Geschäftsmodelle einer immer schwächeren Tarifbindung“, brauche es ein Gesetz, das die bisherige Maximal-Arbeitszeit von 60 Stunden in der Woche reduziere. „Gerade die, die nicht unter den zusätzlichen Schutz eines Tarifvertrages fallen, brauchen hier einen besseren Schutz als bisher. Sie brauchen den tatsächlich harten Achtstundentag“.
Koalition plant wöchentliche statt täglicher Höchstarbeitszeit
Union und SPD planen, die tägliche Höchstarbeitszeit aufzuweichen und stattdessen die wöchentliche Arbeitszeit stärker in den Blick zu nehmen, unter anderem um den Beschäftigten die Vereinbarkeit von Beruf und Familien zu erleichtern. Aktuell dürfen angestellte Arbeitnehmer in Deutschland regulär acht Stunden pro Tag arbeiten. Wenn ausgeglichen wird, sind auch bis zu zehn Stunden möglich. Die Koalition plant nun die tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zu ersetzen, so sieht es auch eine EU-Richtlinie vor.
Eine aktuelle Umfrage des DGB zeige aber deutlich, dass sich die ganz überwiegende Mehrheit der Beschäftigten geregelte Arbeitszeiten im Rahmen des Acht-Stunden-Tages regulär beziehungsweise maximal zehn Stunden am Tag wünscht, so Fahimi. „Und das ist genau das, was das Arbeitszeitgesetz regelt. Wenn man das jetzt aufweicht, dann geht es nicht um die Vereinbarkeit der Beschäftigten, sondern dann geht es um die einseitige Verlagerung der Gestaltungsmacht Richtung Arbeitgeber – und dazu sagen wir Nein.“
Bayerische Wirtschaft für flexiblere Arbeitszeit
Unternehmen in Bayern begrüßen hingegen den Vorstoß von der Bundesregierung. „Die bisherige starre tägliche Zehn-Stunden-Grenze ist ein deutscher Sonderweg, der Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen die notwendige Flexibilität nimmt“, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, dem BR. Die im Koalitionsvertrag beschlossene Umstellung auf den EU-Rahmen verbessere hingegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und stellt somit einen wichtigen Hebel für die Steigerung des Erwerbsumfang dar. Das gelte insbesondere für die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen.
Selbstbestimmtes Arbeiten ist aus Sicht von DGB-Chefin Fahimi aber schon heute möglich. Dafür trete auch der DGB ein, betonte Fahimi. Dies sei jedoch eine Frage, die die Sozialpartner zu regeln hätten und nicht der Gesetzgeber. Die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete beklagte jedoch, dass in Deutschland noch nicht einmal jeder zweite Arbeitnehmer unter den Schutz eines Tarifvertrags fallen würde.