Die 1884 gegründete Nürnberger Versicherung bekommt einen neuen Eigentümer. Für bis zu 1,4 Milliarden Euro wird sie nach Österreich verkauft – an die Vienna Insurance Group (VIG). Eine der großen Versicherungsgruppen in Europa. Für die bisherigen Aktionäre ist das offenbar ein gutes Geschäft. Pro Aktie bietet die VIG 120 Euro. Im Mai war das Papier noch für 44 Euro gehandelt worden. Knapp zwei Drittel der Aktien hat die VIG schon zugesagt bekommen – von bisherigen Großaktionären wie der Münchener Rück, der Versicherungskammer, der japanischen Daido Life und der Swiss Re. Nach der Übernahme soll die Nürnberger dann von der Börse genommen werden.
Marke und Standorte der Nürnberger Versicherung bleiben erhalten
Die traditionsreiche Versicherungsmarke soll aber ebenso erhalten bleiben wie die Standorte. „Damit bleibt unsere regionale Identität erhalten, während wir gleichzeitig von den Synergien und der Expertise eines internationalen Versicherungskonzerns profitieren“, so Vorstandschef Harald Rosenberger.
Für die VIG, die neben Österreich bisher vor allem in Osteuropa stark vertreten ist, ist es die größte Übernahme der Firmengeschichte. In Deutschland ist sie bisher nur mit der kleinen InterRisk und als Rückversicherer präsent.
Verluste und Investitionsbedarf plagten die Nürnberger Versicherung
Im vergangenen Jahr war die Nürnberger Versicherung mit 78,5 Millionen Euro Verlust in die roten Zahlen gerutscht. Hauptursache dafür waren teure Schäden in der Kfz- und Gebäudeversicherung und die niedrigen Zinsen auf Geldanlagen der Versicherung. Hinzu kommt der hohe Investitionsbedarf in die hauseigene IT. Anfang des Jahres hatte sich der Versicherer deswegen auf die Suche nach einem Partner gemacht. Die VIG hat jetzt die dafür nötigen Investitionen zugesagt. Interesse an einer Übernahme hatten allerdings offenbar auch die Versicherungskammer Bayern (VKB) und die spanische Mapfre.
Mit einem Sparprogramm sollen bis 2026 rund 600 von ehemals 4.100 Arbeitsplätzen gestrichen werden, etwa die Hälfte ist schon weg. Die Übernahme soll in den nächsten Jahren aber nicht zu weiteren Stellenstreichungen führen. Mit den Einsparungen und Preiserhöhungen will Nürnberger im laufenden Jahr in die Gewinnzone zurückkehren.
Keine Nachteile für die Kunden der Nürnberger Versicherung befürchtet
Der Bund der Versicherten geht davon aus, dass Privatkunden von der Übernahme keine Nachteile haben werden. Chefökonom Constantin Papaspyratos betonte auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks, Übernahmen und Zusammenschlüsse seien in der Versicherungslandschaft aktuell nicht ungewöhnlich und grundlegend aus Kundensicht auch „nicht nachteilig“.
Mit Blick auf die Millionenverluste im vergangenen Jahr weist Papaspyratos darauf hin, dass es in Deutschland eine „strikte Spartentrennung“ bei Versicherungen gebe. Das bedeutet, dass diese beispielsweise nicht Defizite aus ihren Sachversicherungen mit Überschüssen aus Personenversicherungen verrechnen oder ausgleichen dürfen. Wer also eine Lebens- oder Krankenversicherung bei der Nürnberger Versicherung habe, müsse sich „keine Sorgen“ machen, wegen der Übernahme nun schlechter gestellt zu werden.
Im Bereich der Sachversicherungen könne die Übernahme der Nürnberger Versicherung für Kundinnen und Kunden sogar Vorteile bringen, schätzt der Bund der Versicherten. Papaspyratos verweist auf die guten Strukturen der VIG-Tochter Interrisk, mit der die österreichische Versicherung bereits in kleinem Umfang in Deutschland tätig ist.
Mit Informationen von Reuters