Den vielleicht größten Hinhörer auf der Hauptversammlung des Industrie- und Autozuliefers Schaeffler am Donnerstag hob sich Konzernchef Klaus Rosenfeld für den Schluss seiner Rede auf. Die Aktionäre sollen nicht den Eindruck bekommen, „dass wir übermütig werden“, sagte Rosenfeld vorweg. Dann sprach er über ein „fliegendes Auto“, das ein chinesisches Unternehmen zu Jahresbeginn auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas vorgestellt hatte. Ein Prestigeprojekt, bei dem Schaeffler – wie das Unternehmen nun verkündet –- mit an Bord ist. Die Herzogenauracher werden wohl die Antriebe für diese „Flugautos“ liefern. Ein Kooperationsvertrag ist bereits unterzeichnet. Schon in fünf Jahren sollen die Flugautos aus China auf den Markt kommen.
„Flugauto“-Prototyp bereits vorgestellt
Im Januar hatte das chinesische Unternehmen Xiaopeng Huitian aus Guangzhou für Schlagzeilen gesorgt. Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas in den USA hatte es ein erstes Modell seines „fliegenden Autos“ präsentiert. Um tatsächlich abheben zu können, wird zunächst – so ist es auf animierten Videos zu sehen – das gesamte Autodach nach oben angehoben. Vier darunter befindliche Arme mit Propellern werden zur Seite geklappt. Und das Auto wird zu einer Art Hubschrauber.
Prototypen dieses Flugautos würden bereits auf ihre Flugfähigkeit getestet. 2030, also bereits in fünf Jahren, soll das „fliegende Auto“ auf den Markt kommen. In der chinesischen Stadt Shanghai werden dem Vernehmen nach bereits 300 innerstädtische Stadt- und Landeplätze dafür gebaut.
Schaeffler soll den „Flugauto“-Antrieb liefern
Schaeffler soll helfen, dass diese Vision Realität wird. „Der fliegende Elektroantrieb stellt extrem hohe Anforderungen an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Gewicht“, beschrieb Rosenfeld die technische Herausforderung. Mit seinem Know-how und seiner Erfahrung im Luft- und Raumfahrtbereich und bei Elektroantrieben für Autos habe Schaeffler aber das Potenzial, „auch bei dieser neuen Mobilitätsform eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Produktion“ zu spielen, so Rosenfeld.
Prestigeprojekt mit offenem Ausgang
So spektakulär die Idee eines „Flugautos“ mit ausklappbaren Propellern auch sein mag, der Schaeffler-Vorstandsvorsitzende Klaus Rosenfeld gibt zu: „Natürlich wissen wir noch nicht, ob sich fliegende Autos durchsetzen werden.“ Für vorstellbar hält er es allerdings. In jedem Fall dürfte die Beteiligung an dem Projekt für die Herzogenauracher ein Prestigegewinn sein. Klaus Rosenfeld spricht von einem Beleg, der zeige, dass die Zukunft den Unternehmen gehört, die „über den eigenen Tellerrand hinwegdenken“ sowie „neue Entwicklungen offen und mutig mitgestalten“.
Schaeffler bittet Aktionäre um Geduld
Im Kern ging es bei der Hauptversammlung von Schaeffler aber um Zahlen. Die machen den Aktionären gerade keine Freude. Im Laufe des vergangenen Jahres ist der Aktienkurs der Herzogenauracher um rund ein Viertel eingebrochen. Dazu steht unter der Bilanz des vergangenen Geschäftsjahres ein Minus von über 630 Millionen Euro. „Kein Management-Team ist zufrieden, wenn das Konzernergebnis negativ ist“, sagte Klaus Rosenfeld dazu.
Allerdings verwies er auch auf Sondereffekte im Zusammenhang mit der Vitesco-Übernahme und das herausfordernde geopolitische Umfeld. Das beachtet, habe man sich „gut geschlagen“, meinte der Vorstandsvorsitzende. Rosenfeld sieht Schaeffler gut aufgestellt. Er gab sich auch beim Blick auf den Aktienkurs optimistisch, verwendete dabei aber das Wort „langfristig“. Aktionäre müssen wohl noch etwas Geduld haben. Auch das laufende Jahr 2025 werde bei Schaeffler ein Übergangsjahr sein, heißt es.