München, 31. Mai 2025. Finale der UEFA-Champions-League. Das Duell der zwei besten Vereine Europas. Paris Saint-Germain gegen Inter Mailand. Inter-Fan Marco und seine Freunde sind extra aus Rumänien nach München gereist.
Preisexplosion: Fans zahlen 30.000 Euro für CL-Finaltickets
Die Nachfrage nach Tickets ist riesig. Sie haben ihre Tickets nur noch auf einer Zweitmarkt-Ticketbörse im Internet bekommen: „Wir haben vier Tickets für 30.000 Euro gekauft“, sagt Marco. Die Originalpreise regulärer Tickets variieren je nach Sitzplatz zwischen 70 und 950 Euro. Marco hat hingegen 7.500 Euro für ein Ticket bezahlt.
Doch jetzt muss er zum Ticketcenter vor dem Stadion. „Wir bekommen den QR-Code nicht.“ Kein QR-Code, kein Ticket – also auch kein Einlass. Und in zwei Stunden ist Anpfiff.
Schwarzmarkt: Letzte Hoffnung für Fußball-Fans?
BR24Sport hat für eine Reportage zum Ticket-Schwarzmarkt im Fußball Fans beim DFB-Pokal- und Champions-League-Finale 2025 begleitet.
Da die Nachfrage bei den Finalspielen das Angebot deutlich übersteigt, ist für viele Fans oft der Zweitmarkt die letzte Möglichkeit, ihren Verein im Stadion zu sehen.
Experten schätzen, dass bei Highlight-Spielen wie dem Champions-League oder dem DFB-Pokalfinale 30 bis 50 Prozent aller Tickets auf dem Zweitmarkt landen.
Bundesregierung gegen Wucherpreise: Neue Regelungen geplant
Ein Problem, mit dem sich inzwischen die Bundesregierung beschäftigt. Im Koalitionsvertrag kündigt sie an, Sport- und Kulturveranstaltungen stärker regulieren zu wollen. Als Beispiele werden folgende drei Punkte genannt: Es soll auf Zweitmarktplattformen Preisobergrenzen sowie mehr Transparenz über den Originalpreis und den Verkäufer geben.
Außerdem sollen Plattformen Falschangaben löschen müssen. Das Bundesjustizministerium schreibt auf BR-Anfrage: „Wir prüfen derzeit, wie diese Vorgaben am besten umgesetzt werden können.“
Anwaltskanzlei jagt Schwarzmarkt-Verkäufer
Für das Champions-League-Finale und das DFB-Pokalfinale 2025 gab es online auf dem Zweitmarkt zahlreiche Angebote für Tickets, oft zu einem Vielfachen des Originalpreises.
Markus Bohner sitzt in einem Büro in München. Konzentriert schaut er auf den Bildschirm. Er scannt die Angebote auf Verkaufsplattformen und schreibt sie auf. Denn er jagt die Verkäufer.
Markus Bohner arbeitet bei der Kanzlei Lentze Stopper in München. Der DFB hat sie beauftragt, gegen Ticketweiterverkäufe vorzugehen.
Warum manche Fans ungewollt den Schwarzmarkt unterstützen
Der Weiterverkauf von Tickets ist in Deutschland gesetzlich nicht klar geregelt und keine Straftat. Veranstalter wie die UEFA oder der DFB regeln deshalb den Ticketweiterverkauf selbst, um den Schwarzmarkt einzudämmen. Das machen sie über ihre Allgemeinen Ticketgeschäftsbedingungen (ATGB).
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verbietet in den ATGB zum Beispiel einen kommerziellen und gewerblichen Weiterverkauf von Tickets. Nur eine private Weitergabe ist erlaubt.
Ticket darf in Ausnahmefällen weiterverkauft werden
Das heißt: Wenn man nicht zum Spiel gehen kann, zum Beispiel wegen Krankheit, darf man das Ticket an Freunde und Bekannte weitergeben und maximal zehn Prozent auf den Originalpreis aufschlagen. Einen Verkauf für mehr Geld oder über Plattformen wie Ebay, Kleinanzeigen oder Viagogo verbietet der DFB.
Damit diese Regeln eingehalten werden, hat der DFB die Kanzlei in München beauftragt, gegen Ticketweiterverkäufe vorzugehen. Tickets, die Markus Bohner auf solchen Plattformen entdeckt und die der DFB einem Erstkäufer zuordnen kann, werden gesperrt und ungültig.
Und in letzter Konsequenz heißt das: Personen mit so einem Ticket wird der Zutritt zum Stadion verweigert. Die Ticketweiterverkäufer werden von der Kanzlei abgemahnt. Auch wenn die Tickets online zum Originalpreis verkauft werden.
Händler kaufen billig auf und verkaufen teuer
„Es kann immer sein, dass dieses Ticket, das gerade auf Ebay oder Kleinanzeigen zum Originalpreis verkauft wird, in zwei Wochen für 3.000 Euro verkauft wird“, sagt Markus Bohner von Lentze Stopper. Laut der Kanzlei kaufen professionelle Händler Tickets online auf und verkaufen sie teurer weiter. Auch wer sein Ticket zum Originalpreis verkauft, kann so ungewollt den Schwarzmarkt unterstützen – und Händler ungewollt Karten liefern.
Schlupflöcher im Ticketverkauf: Händler nutzen Lücken aus
Doch es gibt auch andere Wege, wie professionelle Händler an Karten kommen könnten. Nach Recherchen von BR24Sport gab es beim Online-Verkauf des DFB für das Pokalfinale 2025 wohl Schlupflöcher.
Eigentlich war die Ticketanzahl auf vier Karten begrenzt. Auf dem sozialen Netzwerk X schreiben Fans, dass es möglich war, diese Beschränkung zu umgehen. Einer dieser Fans hat mit BR24Sport gesprochen.
Laut ihm wurde er, nachdem er vier Karten bestellt hatte, nicht wie eigentlich vorgesehen automatisch aus dem Ticketshop ausgeloggt. Er konnte nochmal Karten bestellen, ohne sich neu in die Warteschlange anstellen zu müssen. 16 Karten hat er so insgesamt bestellt. BR24Sport liegen die Rechnungs- und Zahlungsbestätigungen der Buchungen vor.
DFB: „Missbrauch lässt sich nie vollständig ausschließen“
Der DFB schreibt auf Anfrage: „Trotz umfangreicher Sicherheitsmechanismen lässt sich ein Missbrauch einzelner Schwachstellen im digitalen Umfeld leider nie vollständig ausschließen“, und fügt hinzu: „Für das diesjährige DFB-Pokalfinale wurden rund 150 solcher Mehrfachbuchungen festgestellt und konsequent storniert.“
Doch der Fan, mit dem BR24Sport sprechen konnte, kam mit allen 16 Karten ins Stadion. Seine Karten wurden offenbar nicht storniert. Wenn er dem DFB durchgerutscht ist, könnten auch Händler damit durchgekommen sein?
Zurück zu Inter-Fan Marco und seinen Freunden. Sie haben für das Champions-League-Finale 2025 in München vier Karten auf dem Zweitmarkt gekauft – für 30.000 Euro. Inzwischen sind es nur noch 30 Minuten bis Anpfiff – und immer noch haben sie den QR-Code und damit auch das Ticket nicht. Verpassen Sie das größte Spiel ihres Vereins?