Wie überall im sogenannten Speckgürtel rund um München sind erschwingliche Mietwohnungen Mangelware. Auch in der 23 Kilometer östlich der Landeshauptstadt gelegenen Gemeinde Anzing, im Landkreis Ebersberg. Die CSU-Bürgermeisterin Kathrin Alte will eigentlich 24 preisgünstige Wohnungen bauen: für alle, die eine Wohnung mit sozialverträglicher Miete suchen.
Aber im März dann der Schock: die Regierung von Oberbayern teilte der Gemeinde mit, dass sie den „vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ nicht genehmigen könne, der staatliche Fördertopf sei leer. Für Anzing heißt das: Der für September geplante Baubeginn ist geplatzt. Dabei seien die Ausschreibungsunterlagen „versandbereit“, sagt Alte dem BR.
Dringend nötige Sozialwohnungen werden nicht gebaut
Ganz ähnlich ist die Lage im benachbarten Poing: Auch hier baut die Kommune, einige Gebäude sind fast fertig, für den nächsten Bauabschnitt gilt seit Dezember ein Baustopp. Völlig überraschend, genauso wie in Anzing.
Der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) ist entsetzt. Die Wohnungen würden dringend gebraucht „für Menschen, die unsere Gesellschaft organisieren, die auch hart arbeiten, aber eben nicht so viel verdienen, dass sie sich auf dem freien Markt Wohnraum leisten können“.
Bezirksregierungen verschicken Ablehnungsbescheide
Der soziale Wohnungsbau ist Aufgabe der Länder und am Ende Pflichtaufgabe der Städte und Gemeinden. Eigentlich lässt sich der Freistaat die Wohnbauförderung viel Geld kosten. 2024 und 2025 hat Bayern dafür jeweils rund 1,1 Milliarden Euro bereitgestellt. Aber die Mittel reichen bei weitem nicht.
Nach Angaben des bayerischen Bauministeriums gingen 2024 Förderanträge in Höhe von 1,8 Milliarden Euro ein. Bisher seien 690 Millionen Euro ausgezahlt worden. Nur etwa die Hälfte der Anträge habe eine Chance auf eine Förderung.
Jetzt müssen die Bezirksregierungen, wie die von Oberbayern für Anzing, auch noch die Genehmigungen für einen vorzeitigen Baubeginn stoppen. „Das hatten wir noch nie. Früher ging das immer“, sagt die Bauexpertin der SPD-Landtagsfraktion, Sabine Gross, dem BR. Bisher sei immer klar gewesen, dass das Geld später schon fließen werde.
Bauminister Bernreiter: Vielleicht 2026 wieder Geld da
Die Anzinger Bürgermeisterin hat in ihrer Not gemeinsam mit dem Landrat einen Brief an Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) geschrieben. Dieser kann auf BR-Anfrage auch nur betonen, dass Bayern den Wohnungsbau in den vergangenen beiden Jahren auf Rekordniveau gefördert habe, jetzt aber die Fördertöpfe eben leer seien.
„Wir schauen uns das an, was wir machen können“, erläutert der Minister. „Jeden Einzelfall, schauen wir, ob wir da helfen können. Aber ansonsten muss ich auf den neuen Doppelhaushalt 26/27 verweisen. Dann wissen wir auch, was vom Bund zur Verfügung steht.“
Ob es im kommenden Jahr wieder staatliche Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau geben wird, ist also völlig offen. Und damit auch, ob die geplanten Wohnungen in Anzing und Poing dann gebaut werden können.
Nachtragshaushalt bietet zusätzliche 110 Millionen Euro
Projekte in Selb oder Michelau in Oberfranken hätten das gleiche Problem, sagt Gross. Immerhin konnte sich der Landtag in der vergangenen Woche bei der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes 2025 dazu durchringen, für den sozialen Wohnungsbau noch einmal 110 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen zu beschließen. Geld, das dann in den nächsten drei Jahren tatsächlich bereitgestellt werden müsste. Viel zu wenig, beklagt Gross. Denn: „Allein bei den Förderanträgen für die einkommensorientierten Mittel 2024 fehlen mindestens 1,1 Milliarden Euro.“