Für Hermes-Mitarbeiter Klaus Mohn aus Graben ist klar, warum er streikt: Die Bezahlung werde der anstrengenden „Knochenarbeit im Lager“ nicht gerecht. Vor allem kleine Gehälter müssten erhöht werden, findet er. In den aktuellen Tarifverhandlungen fordert die Gewerkschaft Verdi für die Beschäftigten in der Logistik, bei Speditionen und Paketdiensten daher 368 Euro mehr Geld im Monat. Und bestreikt seit Dienstagabend und wohl bis Weihnachten Logistikunternehmen und Paketdienste in Bayern.
Verdi: Beschäftigte brauchen mehr Geld
Die rund 250.000 Beschäftigten in der Branche in Bayern leisteten einen gesellschaftlich wichtigen Job. Sie verdienten Respekt auch in Form guter Löhne, sagt Verdi-Verhandlungsführer David Merck. Er betont: „Die Menschen brauchen mehr Geld.“ Er höre von Mitarbeitenden, die Probleme hätten, ihre Rechnungen zu bezahlen, die Nöte seien groß. Laut Merck liegt der Tariflohn im Schnitt bei 2.600 bis 2.700 Euro brutto im Monat – und damit unter dem mittleren Einkommen von etwa 3.600 Euro.
Spediteure: Können Gehaltsforderung nicht abbilden
Für die Gegenseite in den Tarifverhandlungen ist die Forderung der Gewerkschaft zu hoch. Sabine Lehmann vom Landesverband bayerischer Spediteure sagt im Gespräch mit BR24, 368 Euro mehr im Monat entspreche einer Lohnerhöhung von mehr als 14 Prozent. Das könnten die Unternehmen in der aktuellen Wirtschaftslage nicht abbilden. Die Arbeitgeber hatten zuletzt eine Lohnerhöhung von 3,5 Prozent ab Januar und weitere 2,5 Prozent ein Jahr später angeboten, außerdem eine Einmalzahlung von 780 Euro bei einer Laufzeit von 27 Monaten.
Wohl keine weitere Verhandlungsrunde in 2024
Lehmann rechnet in diesem Jahr nicht mehr mit einer weiteren Verhandlungsrunde. „Im Moment sind keine neuen Termine vereinbart“, sagt sie. Die Gewerkschaft habe sich in den bisherigen Verhandlungen keinen Millimeter bewegt, kritisierte sie. Trotz der Warnstreiks setzt sie darauf, dass sich die Auswirkungen für Verbraucher in Grenzen halten. Betroffene Unternehmen würden sich nach Möglichkeit anders organisieren und aufstellen, um Pakete trotzdem zuzustellen.
Hermes in Augsburg: Retouren bleiben liegen
Im Hermes-Verteilzentrum in Graben im Landkreis Augsburg sollen in der Zeit des Warnstreiks beispielsweise nur Retouren liegen bleiben. In dem Zentrum werden etwa 240.000 Pakete am Tag abgewickelt. Etwa 20 Mitarbeitende fielen am Mittwochvormittag aufgrund des Streiks aus. Die Leitung des Verteilzentrums geht dennoch davon aus, dass das Weihnachtsgeschäft dort normal abgewickelt werden kann. Dazu seien von anderen Standorten Mitarbeiter abgezogen worden, um die Aufgaben der Streikenden zu übernehmen.
Auftakt bei UPS in Nürnberg
Der Auftakt der aktuellen Warnstreiks fand am Dienstagabend bei UPS in Nürnberg statt. Mit dabei war Thomas Hampel von Verdi Mittelfranken. Er sagt, es gehe darum, die Branche aufzuwerten. Corona habe gezeigt, dass die Logistik wichtig sei und zum Beispiel dafür sorge, „dass Klopapier ins Land kommt und in alle Supermärkte verteilt wird“. Hampel sprach von einer Stütze der Gesellschaft, die „deutlich unter dem Radar fährt“.
Verdi setzt auf Überraschungsmoment
Verdi-Verhandlungsführer Merck ist nach dem Start der Warnstreiks mit der bisherigen Beteiligung zufrieden. Geplant werde von Tag zu Tag, erläutert er. Welche Unternehmen an welchen Standorten wann bestreikt werden sollen, lässt er offen. Es müsse ein Überraschungsmoment geben, sonst könnten sich die Arbeitgeber darauf einstellen und die Wirkung verpuffe. Geplant sind laut Verdi weitere Warnstreiks bis zum 23. Dezember unter anderem bei Hermes, DPD, UPS oder FedEx. Der Marktführer unter den Paketdienstleistern, DHL und die Deutsche Post, ist hingegen nicht betroffen, weil für die Beschäftigten ein anderer Tarifvertrag gilt.