„Die Zeit, in der Menschen programmieren, geht zu Ende“, kündigte Softbank-Chef Masayoshi Son jüngst an. Ein Heer von KI-Agenten soll das jetzt übernehmen. Softbank ist nicht irgendeine Firma, sondern zählt zu den zehn größten japanischen Konzernen mit knapp 70.000 Mitarbeitern und zahlreichen Sparten, darunter Mobilfunk, künstliche Intelligenz und Datenzentren.
Was ist überhaupt ein Agent?
Was also ist von der Ankündigung aus einem so großen asiatischen Unternehmen zu halten? Die Erwartungen an KI-Agenten sind ziemlich groß. Werden die demnächst die ganze Wirtschaft steuern? Einordnen kann das Stephan Günnemann, Professor für maschinelles Lernen an der TU München. Er versucht es zunächst einmal mit einer Definition. Was Agenten genau sind, da herrsche noch viel Unklarheit.
„Das Wichtigste für den Agenten ist, dass er autonom handeln kann.“ Prof. Stephan Günnemann, TUM
Konkret heißt das, die Software bekommt ein Ziel vorgesetzt und plant dann selbstständig, wie sie das erreichen will. Sie führt die Aufgabe dann auch selbstständig aus. ChatGPT, Perplexity und ähnliche Systeme sind demnach keine Agenten, sondern laut Professor Günnemann einfach nur Assistenten.
Programmierung eignet sich gut für Agenten
In der Software-Programmierung ist künstliche Intelligenz schon einen Schritt weiter. Wenn KI vorhandene Software-Codes sucht und findet, um damit bestimmte Aufgabe im Unternehmen zu erledigen, wenn sie diese Codes zu einem neuen System kombiniert, Tests durchführt, Fehler erkennt und behebt, dann handelt es sich um Agenten. Künstliche Intelligenz, wie sie Softbank einsetzen will, passt also gut zu dieser Definition.
KI-Agenten als Juristen und Manager?
In der Tech-Branche wird unterdessen von ganz anderen Einsatzmöglichkeiten geschwärmt. Man denkt darüber nach, Juristen durch Agenten zu ersetzen. KI scheint wie gemacht dafür. Ein komplizierter Fall von Wirtschaftsbetrug beispielsweise: Welche Gesetze passen, welche ähnliche Fälle gab es in der Vergangenheit, wie fielen die Urteile dazu aus? Alles Fragen, für die eine KI in Sekundenschnelle Antworten findet.
Wird der Agent bald alleine entscheiden?
Oder man denke an eine Firmenübernahme. Wie viel ist das Unternehmen, das man kaufen will, wirklich wert? Gibt es Konzern-Teile, die Probleme haben? Wo stecken in der Bilanz Fallstricke? Es gibt Experten, die überzeugt sind, dass solche komplexen Entscheidungen künftig ohne Agenten gar nicht mehr gefällt werden können. Mehr noch: Agenten werden ganze Konzerne im Alleingang steuern und irgendwann untereinander verhandeln – ganz ohne menschliche Manager.
Braucht man die also nicht mehr, selbst für so weitreichende Entscheidungen wie eine andere Firma zu kaufen? Stephan Günnemann kann sich das momentan noch nicht vorstellen. „Ich glaube, da wird nicht der Agent die Entscheidung treffen, sondern da wird der Mensch die Entscheidung treffen, mit Unterstützung, mit Material sozusagen des Agenten.“
Deutschland muss sich nicht verstecken
Die Ankündigung des japanischen Softbank-Konzerns, eine Milliarde Agenten loszuschicken, dürfte die Diskussion um den deutschen Standort erneut anheizen. Zeichnet sich hier vielleicht schon wieder eine technologische Entwicklung ab, die an Europa und Deutschland vorbeirauscht?
Der TU-Professor ist anderer Ansicht und verweist zunächst auf die eigene Universität, wo KI und maschinelles Lernen auf Weltniveau erforscht und vorangetrieben werden. Außerdem sollte man laut Günnemann die eigenen Stärken, etwa in der Autoproduktion hierzulande nicht vergessen. „Es geht ja eigentlich (bei Agenten) um Automatisierung und da kann man, muss man sich in Deutschland ja wirklich nicht verstecken.“