Whatsapp, Telegram, Signal, gelegentlich auch Threema – über diese Messenger-Dienste hat Ex-Wirecard-Chef Markus Braun mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirecard-Vorstand und der Geschäftsführung des Zahlungsdienstleisters kommuniziert. Teilweise nutzte er die Dienste auch, um sich mit externen Geschäftspartnern auszutauschen. „Weil es von unterschiedlichen Nutzern unterschiedliche Vorlieben gab. Darauf hat man sich eingestellt“, antwortete Braun auf die Frage der Kammer, warum so viele Apps dieser Dienste auf seinem Mobiltelefon installiert waren.
Braun schließt umfangreiche Daten-Löschung aus
Stutzig wurde das Gericht offensichtlich nach der Prüfung einer Analyse von Daten des von den Ermittlungsbehörden sichergestellten Mobiltelefons. Beisitzer Benjamin Lange, der Braun dazu in der Hauptverhandlung befragte, ließ die Analyse mit Hilfe eines Video-Beamers an die Stirnwand des Verhandlungssaals projizieren.
Demnach seien auf Brauns Handy Textnachrichten, Chats und ganze Accounts von Messenger-Diensten in großem Umfang gelöscht worden. Außerdem, so die Überzeugung der Kammer nach Prüfung der Analyse, Suchverläufe des Internet-Browsers. Der ehemalige Wirecard-Vorstandschef räumte zwar die Löschung von Chats ein – vereinzelt, aber nicht systematisch. „Das kann ich ausschließen“, so Braun.
Und er ergänzte: „Ich wüsste nicht, was kritisch sein soll an einem Browserverlauf.“ Nach Brauns Auffassung könnte der Wechsel einer SIM-Karte in seinem Mobiltelefon im Frühjahr 2020 der Grund für die Datenlöschung sein. Dieser Erklärung scheint die Kammer aber wenig Glauben zu schenken. Der Vorsitzende Richter Markus Födisch entgegnete an Braun gerichtet: „Wer soll das denn sonst gelöscht haben?“
Braun-Verteidigung warf Bellenhaus mehrfach Datenlöschung vor
Pikant ist der Vorgang insofern, weil die Braun-Verteidigung dem Mitangeklagten Oliver Bellenhaus, ehemaliger Statthalter von Wirecard in Dubai, im Prozess im Rahmen mehrerer Beweisanträge die Löschung von Wirecard-Daten zur Last gelegt hat, zum Beispiel Firmen-E-Mails. Dem hat Bellenhaus, der als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft gilt, in der Hauptverhandlung vehement widersprochen.
Braun, Bellenhaus und der Ex-Chefbuchhalter des Aschheimer Zahlungsdienstleisters, Stephan von Erffa, müssen sich in dem seit Anfang Dezember 2022 laufenden Prozess unter anderem wegen des Vorwurfs des bandenmäßigen Betruges verantworten. Wann in dem Prozess am Landgericht München das Urteil fällt, ist unklar. Beobachter rechnen damit Anfang kommenden Jahres.