Für ihre Erkenntnisse und zukunftsweisende Forschung zum innovationsgetriebenen Wirtschaftswachstum wurden Joel Mokir (USA), Philippe Aghion (Frankreich) und der Kanadier Peter Howitt, der in den USA lehrt, mit dem Wirtschafts-Nobelpreis 2025 geehrt. Die Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften begründet dies damit, dass sich „nahezu alles verändert (hat). Die Technologie schreitet schnell voran und betrifft uns alle. Neue Produkte und Produktionsmethoden lösen die alten ab in einem endlosen Kreislauf. Das ist die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaftswachstum“.
Kreative Zerstörung und die Folgen: positive und negative
Aghion und Howitt veröffentlichen 1992 einen Aufsatz zur „Kreativen Zerstörung“, über Gesetzmäßigkeiten bei der Ablösung alter Technologien, die durch neue verdrängt werden. Es geht dabei auch um mögliche Konflikte, wie den Verlust von Arbeitsplätzen und darum, wie die Politik mit solchen Wandlungsprozessen umgehen sollte.
Alle drei Forscher hätten den Nobelpreis sehr verdient und seien auch sehr bekannt, sagt Professor Dr. Klaus Schmidt von der Ludwig-Maximilians-Universität München im BR24-Interview: „Das ist ganz großartig!“, meint Schmitt vor allem zur Auszeichnung von Philippe Aghion, der in Paris am Collège de France und bei INSEAD arbeitet sowie an der London School of Economics and Political Science.
Aghion für gezielte Industriepolitik in Europa und mehr Offenheit für KI
Dennoch zeigte sich Aghion auf der Pressekonferenz vom Anruf der Schwedischen Akademie völlig überrascht. Auf Fragen von Journalisten, was die Wirtschaft am dringendsten bräuchte, sagte Aghion, in Europa müsse ähnlich wie in China und den USA eine gezielte Industriepolitik stattfinden.
Zur künstlichen Intelligenz meinte Aghion, ohne jeden Zweifel werde KI die Produktivität erhöhen und die globale Nachfrage steigen lassen. Wer sich dem verweigert, kann also schnell den weltweiten Anschluss verlieren und ins wirtschaftliche Abseits geraten.
Viele gute Ideen in Deutschland warten auf ihre Umsetzung
Was bei uns oft fehle, sei die Umsetzung neuer Technologien in ökonomische Anwendungen, das gehe manchmal zu langsam und finde im schlimmsten Fall gar nicht statt. Dabei sieht Aghion gute Voraussetzungen für neues Wachstum, in Europa gebe es eine starke Forschung.
So ist es in Deutschland bislang üblich, dass Unternehmen einen großen Einfluss darauf haben, worüber geforscht wird, und dass sich Staat und Politik eher auf die Grundlagenforschung beschränken.
Deutsche Automobilindustrie als Beispiel für Innovationsfeindlichkeit?
Wer Zukunftsentscheidungen den Unternehmen überlässt, kann damit auch am Markt vorbeilaufen. Professor Schmidt von der LMU München, sieht darin einen Grund für die stockende E-Mobilität. Die deutschen Autohersteller waren weltweit führend beim Verbrennungsmotor und verdienten gut damit. So investierten sie anfangs wenig in die konkurrierende E-Technologie, die ihr Geschäftsmodell gefährden könnte. In China war es dagegen möglich, eine neue Industrie ohne Altlasten aufzubauen, mit massiver staatlicher Unterstützung.
Auch Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo-Instituts, hebt die Bedeutung der Forschung der Preisträger für die aktuelle wirtschaftliche Lage Deutschlands hervor. Die deutsche Wirtschaft befinde sich derzeit in einem Veränderungsprozess, in dem das Aufkommen neuer Technologien zentrale Branchen wie die Automobilindustrie und Maschinenbau unter Druck setze, erklärt Fuest. Er fordert mehr Offenheit für Neues, insbesondere Weiterbildung, Innovationen und Unternehmensgründungen, damit die Wirtschaft weiter wachsen und der Wohlstand in Deutschland dauerhaft gesichert werden könne.
Welche kulturellen Voraussetzungen braucht es für Wirtschaftswachstum?
Die industrielle Revolution brachte zum ersten Mal in der Wirtschaftsgeschichte ein nachhaltiges und konstantes Wachstum über Jahrhunderte. Dazu gehört auch der medizinische Fortschritt, die verbesserte Ernährung und vieles mehr. Das alles hat nicht zuletzt auch die ökonomische Leistungsfähigkeit und Produktivität immer weiter erhöht.
Denken und Wissen machen den Unterschied auf dem Weg zu mehr Wachstum
Joel Mokyr macht in seinen Hauptwerken „A Culture of Growth“ und „The Lever of Riches“ einen grundlegenden kulturellen Wandel seit dem 18. Jahrhundert dafür verantwortlich. Es geht ihm um die Offenheit für technische Neuerungen, die Verbreitung von Wissen und nicht zuletzt auch ein optimistischer Fortschrittsglaube, den Mokyr für notwendig hält.
Vereinfacht gesagt, finden technische Neuerungen nur dann ihre erfolgreiche Anwendung in der Wirtschaft, wenn das gedankliche Umfeld stimmt und nicht innovations-feindlich ist.