Vor wenigen Wochen noch, Anfang April, waren die Kurse an den internationalen Aktienmärkten eingebrochen, als US-Präsident Trump hohe Einfuhrzölle auf Importwaren aus China, Mexiko und auch der EU verkündete. Der DAX stürzte auf unter 18.500 Punkte ab. Doch dann ruderte Trump immer wieder zurück, nachdem es auch im eigenen Land immer mehr Kritik an seiner Handelspolitik gegeben hatte. Nur mit China blieb er zunächst hart. Doch nun gibt es auch hier eine Einigung.
Die USA und China haben nach Gesprächen am Wochenende in Genf im laufenden Handelsstreit eine Senkung ihrer gegenseitigen Zölle beschlossen.
Handelskrieg abgewendet – auch dauerhaft?
Die Welthandelsorganisation WTO begrüßte die Vereinbarung zwischen den USA und China im Sinne des freien Welthandels. Denn Ökonomen hatten befürchtet, dass ohne eine Einigung der Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt zum Erliegen kommen könnte, mit negativen Auswirkungen für die ganze Welt. Die nun erzielten Zollsenkungen machen Hoffnung. Auf chinesische Importe in die USA werden nur noch 30 Prozent fällig, statt 145 Prozent. Peking senkt die Einfuhrzölle auf US-Waren im Gegenzug von 125 Prozent auf 10 Prozent.
Allerdings: die Regelung gilt zunächst nur für 90 Tage. Es handelt sich also nur um eine Zollpause. Daher forderte die Chefin der WTO, Ngozi Okonjo-Iweala, beide Staaten auf, weiterhin praktische Lösungen zu entwickeln und die Spannungen zu verringern. Es müsse wieder Berechenbarkeit hergestellt und das Vertrauen in das multilaterale Handelssystem gestärkt werden, betonte die WTO-Generaldirektorin.
DAX mit neuem Rekordhoch
Dem DAX beschert die vorübergehende Einigung eine neue historische Bestmarke. Er notierte heute nach dem Deal zwischen den USA und China zeitweise erstmals in seiner Geschichte über 23.900 Punkten. Damit ist das Allzeithoch vom vergangenen Freitag bei 23.543 Punkten bereits wieder Geschichte.
Erneut nur ein Strohfeuer an den Börsen?
Wie die aktuelle Kursentwicklung zeigt: die Märkte hängen sehr an den Worten und „Deals“ von US-Präsident Trump. Und so ist es durchaus denkbar, dass die Kurse auch wieder sinken, sollte er erneut eine Rolle rückwärts machen, im Sinne von „America first“.
Doch sollte die Entspannung im Zollstreit anhalten und so ein weltweiter Handelskrieg vermieden werden, sehen Analysten derzeit durchaus weiteres Potenzial für den DAX. Technische Analysen – die aus Kurs- und Umsatzbewegungen versuchen, Trends an den Aktienmärkten zu berechnen und vorauszusagen – sehen im neuen Rekordhoch des DAX ein kräftiges Kaufsignal.
FOMO treibt die Kurse an
Und dann ist da noch die „Fear of Missing Out“, kurz FOMO. So nennt man die Angst, etwas zu verpassen. Und gerade die Furcht, einen Kursanstieg zu verpassen, kennen Anleger an den Börsen ja besonders gut. Laut Analysten ist die FOMO derzeit ein wichtiger Antriebsmotor der aktuellen Kursrally. Auch dank ihr hat der DAX seit seinem Tief Anfang April rund 29 Prozent zugelegt und notiert seit Jahresbeginn wieder fast 20 Prozent im Plus.
Aber auch die sinkenden Zinsen helfen dem DAX. Denn wenn die Zinssätze für Spareinlagen wie Tages- oder Festgeld sinken, werfen diese Geldanlagen natürlich weniger Rendite ab. Daher werden Aktien vergleichsweise attraktiver. Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen im Euro-Raum seit Juni 2024 bislang schon sieben Mal um jeweils einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Der Leitzins ist mittlerweile auf 2,25 Prozent gesunken.
Dementsprechend sind auch die Sparzinsen in der Euro-Zone zurückgegangen. Und angesichts einer weiter zurückgehenden Inflation wird an den Märkten spekuliert, dass die EZB die Zinsen im Juni erneut senken könnte. Das könnte den Börsen einen weiteren Impuls geben – solange aus den USA nicht wieder neue Störfeuer kommen.