Ein neues Gebäude ist wohl der jüngste und augenfälligste Erfolg der Afrikastudien in Bayreuth: ein riesiger Quader, an dessen Fassade die Farben Braun, Orange und Gelb an eine trockene Landschaft irgendwo in Afrika erinnern. Waren die Afrikastudien vorher über mehrere Uni-Standorte verteilt, so sind sie jetzt an einem Ort vereint.
Dabei ist die Uni Bayreuth nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Teil des 2019 geschaffenen Exzellenzclusters mit dem sperrigen Namen „Africa Multiple: Reconfiguring African Studies“: Die anderen vier Partneruniversitäten sind in Lagos (Nigeria), Eldoret (Kenia), Makhanda (Südafrika) und Ouagadougou (Burkina Faso) – und damit mitten im Forschungsgebiet.
Koloniales Gepäck ablegen
„Eine Grundidee dieses Clusters ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, um neue Formen von Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen vom afrikanischen Kontinent aufbauen zu können“, sagt die Religionswissenschaftlerin Eva Spies, die in dem Cluster arbeitet. Dabei sollen althergebrachte Strukturen in der Afrikaforschung aufgebrochen werden, das Stichwort Kolonialismus fällt in diesem Zusammenhang immer wieder. „Wir kommen nicht umhin, uns mit diesem kolonialen Gepäck auseinanderzusetzen“, sagt Rüdiger Seesemann, Islamwissenschaftler und Sprecher des Exzellenzclusters. Bisher sei Forschung in Afrika oft so organisiert gewesen, dass die afrikanischen Wissenschaftler vor Ort Daten gesammelt haben, ausgewertet und interpretiert wurden sie aber im Globalen Norden, vor allem in Europa.
Es geht also um Gleichberechtigung, um Ermächtigung einer Wissenschaft, die in Afrika, über Afrika und für Afrika passiert. Es geht um afrikanische Sichtweisen, die für die Wissenschaft hierzulande nicht nur neu, sondern aufschlussreich und bereichernd sein können.
Bedrohung und Chancen liegen nah beieinander
Eva Spies erklärt das am Beispiel Burkina Fasos. Das Land in Westafrika zählt zu den ärmsten Staaten der Welt. 2022 hat es dort gleich zwei Regierungsumstürze gegeben. Aber diese Putsche würden vor Ort anders gesehen als bei uns: „Wie werden überhaupt Sicherheit und Unsicherheit wahrgenommen? Was wird als Bedrohung erkannt? Und nicht von vornherein zu sagen: ‚Da gibt es bestimmte Beziehungen zu Russland und so weiter, das ist jetzt aus Sicht des Nordens ein Problem.'“
So könnten manche Menschen sogar Chancen in der neuen Realität entdecken. Spies erwähnt zum Beispiel Jugendgruppen in Afrika, die in die Untersuchungen einbezogen werden und von denen überraschende Erkenntnisse kommen könnten im Hinblick darauf, wie sie beispielsweise das Thema Sicherheit erleben und damit umgehen.
Noch geht es nicht ohne Europa
Die Afrikaforschung hat in Bayreuth Tradition. Schon in den Anfangsjahren der noch jungen Uni, sie wurde erst 1975 gegründet, war Afrika ein Schwerpunkt. Und auch weiterhin wird Bayreuth, wird der Globale Norden für die Forschung auf dem Nachbarkontinent eine große Rolle spielen. Denn selbst wenn Forschende afrikanischer Universitäten gestärkt werden, die Finanzierung kommt oft noch aus Europa.
„Aber insgesamt geht es in die richtige Richtung“, glaubt Rüdiger Seesemann. „Natürlich kann es Afrikaforschung ohne Weiße geben. Vielleicht machen wir uns irgendwann überflüssig. Aber ich glaube, dass es eine Bereicherung ist, wenn gemeinsam geforscht wird.“
Wie viel Geld die neue Förderrunde bringt, wird in den kommenden Wochen mitgeteilt. Mit dem Geld wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch neue Themenbereiche erschließen, von einer bisher rein geisteswissenschaftlichen Ausrichtung hin zu mehr Ökologie, Mensch-Umweltbeziehungen und Klimafragen.