Bonobos mögen es gerne gerecht. Diesen Eindruck gewannen zumindest Forscher der Universität Utrecht und des Max-Planck-Instituts (MPI) für evolutionäre Anthropologie Leipzig bei Experimenten (externer Link), die sie mit sechs Tieren dieser Primatenart am Wolfgang-Köhler-Primatenforschungszentrum im Zoo Leipzig durchgeführt haben. Inwieweit Bonobos allerdings das gleiche Gerechtigkeitsempfinden haben wie wir Menschen, ist unklar.
Bonobos kooperieren weniger bei Ungleichbehandlung
Es ist eine Aufgabe, die Tierpfleger gerade mit Affen oft üben: Einen Gegenstand, den sie den Tieren gereicht haben, sollen diese später wieder zurückgeben – wofür sie dann eine Belohnung erhalten. Bei den von der Forschergruppe um Daniel Haun, Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, durchgeführten Experimenten war es ganz ähnlich: Die Bonobos bekamen einen Gegenstand und wenn sie ihn den Wissenschaftlern wieder zurückreichten, erhielten sie dafür eine „Futterbelohnung“, wie der Leipziger Forscher sagt.
Das Team stellte allerdings fest: Wenn die Zwergschimpansen eine wesentlich geringere Belohnung als ihre Artgenossen nebenan erhielten, waren sie anschließend weniger bereit, das Spiel weiter mitzuspielen, sprich den gereichten Gegenstand wieder zurückzugeben. „Das heißt, wir sehen, dass Bonobos oder auch andere Tiere in solchen sozialen Situationen reagieren, als ob sie vielleicht ein Ungerechtigkeitsempfinden hätten“, kommentiert Haun die Beobachtung.
Bonobos reagieren weniger stark bei ihnen nahestehenden Tieren
Anders war die Reaktion der Tiere allerdings, wenn sie zu dem Partner mit der besseren Belohnung eine soziale Bindung hatten, mit ihm etwa regelmäßig Körperpflege betrieben. Dann reagierten sie laut Haun „weniger stark auf die Ungleichheit“. Laut der Studienautoren deutet dieses Verhalten der Bonobos darauf hin, dass soziale Bindungen die Reaktionen auf Fairness beeinflussen können. Es bestätige die Annahme, dass sich die Abneigung gegen Ungerechtigkeit in der Evolution als stabilisierende Kraft für die Kooperation entwickelt haben könnte.
Experiment mit Bonobos: Enttäuschung oder Ungleichbehandlung?
In einem weiteren Experiment versuchten die Forscher herauszufinden, ob es sich bei den Bonobos wirklich um ein Gefühl der Ungleichbehandlung handelt, wenn sie weniger gut belohnt werden als ihr Gegenüber. Oder ob sie vielleicht nicht etwa doch nur enttäuscht sind, weil ihre Erwartung, Futter zu erhalten, nicht erfüllt worden ist. In vorangegangenen Studien konnten die Forscher nämlich bei Schimpansen ein derartiges Verhalten feststellen. „Schimpansen rechnen damit, dass sie von den menschlichen Mitspielern ein bestimmtes Futter bekommen. Und wenn sie das dann nicht bekommen, sind sie enttäuscht und reagieren eben dadurch, dass sie nicht mehr mitspielen“, beschreibt Haun das Experiment in der früheren Studie.
Bei den Bonobos sei das anders. „Die zeigen diese Reaktion eben tatsächlich nur dann, wenn nebendran jemand sitzt, der was Besseres bekommt.“ Das Fazit des MPI-Forschers zur Studie mit den Bonobos daher: „Wir glauben, Enttäuschung ist es in den Bonobos nicht, sondern tatsächlich mit einer größeren Wahrscheinlichkeit eben eine Reaktion auf diese Ungleichverteilung.“ Aber ob sich das für die Bonobos genauso anfühle wie für uns, sei schwer zu sagen, fügt er hinzu. Ein weiterer Unterschied zu den Schimpansen: Bonobos reagierten selbst dann negativ, wenn sie von Maschinen anstatt von Menschen eine schlechtere Belohnung bekamen.
Laut Haun liefert die Studie neue Erkenntnisse darüber, wie sich Fairness im Laufe der Evolution entwickelt haben könnte. Dafür sei aber noch mehr Forschung nötig, sagt er.