Borna-Virus: Tierseuche im 19. Jahrhundert
Bekannt wird das Borna-Virus im 19. Jahrhundert als Tierseuche. 1894 stirbt in der sächsischen Stadt Borna ein ganzer Pferdestall an einer bislang unbekannten Infektion, die später als Borna’sche Krankheit bezeichnet wird. Erst 1935 identifizieren Forscher den Erreger, ein RNA-Virus.
2015 werden die ersten Fälle beim Menschen dokumentiert: Züchter des seltenen Bunthörnchens sterben an einer schweren Hirnhautentzündung. Die Rede ist damals vom „Bunthörnchen-Bornavirus“. Die offizielle Bestätigung, dass das Borna-Virus, auch BoDV-1 genannt, auf den Menschen übertragbar ist, gibt es erst im Jahr 2018.
Feldspitzmaus als Überträger
Der Überträger des Virus ist die Feldspitzmaus, ein sogenannter Reservoir-Wirt. Sie trägt das Virus, ohne selbst zu erkranken. „Wichtig ist es, den Kontakt zur Spitzmaus und ihren Ausscheidungen zu vermeiden“, betont Merle Böhmer, Epidemiologin am Bayerischen Landesamt für Gesundheit. „Also bei Tätigkeiten, wo Spitzmäuse hingehen – wie offene Dachböden oder draußen im Schuppen.“ Wer eine tote Feldspitzmaus findet, sollte diese nur mit FFP2-Maske und Handschuhen anfassen.
Besonders verbreitet ist die Spitzmaus in Deutschland vor allem in Bayern. Sie lebt gerne lokal, wandert nicht. Bei Häusern am Feldrand fühlt sie sich wohl.
Borna-Virus für Menschen lebensbedrohlich
Pro Jahr erkranken deutschlandweit fünf bis zehn Menschen an Borna. „Ein sehr seltenes Virus“, sagt Merle Böhmer. Einen Schutz gibt es nicht. Bei einer Infektion ist die Krankheit für Menschen lebensbedrohlich. Ärzte gehen davon aus, dass über 97 Prozent der Erkrankten sterben. Im Landkreis Rottal-Inn in Niederbayern gibt es zwei bekannte Todesfälle. In der Gemeinde Maitenbeth, im Landkreis Mühldorf, starben 2019 und 2022 zwei Kinder an dem Virus.
Keine Standard-Therapie gegen das Borna-Virus
Die Behandlung des Borna-Virus ist experimentell und individuell, da es keine Standard-Therapie gibt. Doch ein Hoffnungsschimmer bleibt: der Überlebende Tom Tümmers. Der damals 17-Jährige aus Baesweiler bei Aachen infiziert sich 2021 mit dem Borna-Virus. Über zwei Jahre lang kämpft er immer wieder um sein Leben. Er wird mehrmals ins Koma versetzt, übersteht einen Herzstillstand.
Anfang 2024 darf Tom nach Hause. Für ihn und seine Mutter ist aber nichts mehr wie zuvor: Tom braucht Vollzeitpflege, muss alles neu lernen. Mittlerweile spricht er erste Worte, geht die ersten Schritte mit Unterstützung. Warum die noch anhaltende Behandlung bei Tom Tümmers erfolgreich ist, bleibt unklar. Auch bei ihm handelt es sich um einen experimentellen Heilversuch.
Seine Mutter Sandra Tümmers, die ihn mitpflegt, wünscht sich, zu einem einigermaßen normalen Leben zurückzukehren. „Einfach mit Tom mal wegfahren, raus hier aus dem allen“, sagt Tümmers. Wie es weitergeht? Auch das ist unklar. Tom Tümmers bleibt weiterhin einer der bisher wenigen Überlebenden.