Eine neue Studie hat hinterfragt, wie es weltweit um das gelingende, glückliche Leben steht. Für die „Global Flourishing Study“ wurden 200.000 Erwachsene in 22 Ländern befragt. Die ersten Ergebnisse liegen jetzt vor. Mit mehreren Überraschungen: Auf Platz Nummer 1 liegt Indonesien, während Deutschland auf Platz 17 landet. Welche Erklärungen gibt es dafür?
Flourishing: Auf der Suche nach dem blühenden Leben
„Flourishing“ – das meint ein Konzept aus der Positiven Psychologie: Es beschreibt das Erreichen eines Zustands, in dem alle Aspekte des Lebens einer Person gut sind, also „blühend“. Leonie Steckermeier, Juniorprofessorin für Angewandte Soziologie von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern Landau: „Dazu zählen physisches und emotionales Wohlbefinden, soziale Beziehungen, finanzielle Sicherheit, Charaktereigenschaften sowie das Empfinden von Sinn im Leben.“
Die Ergebnisse der „Gobal Flourishing Study“ deuten an, dass manche Zusammenhänge fast überall gelten: Wer eine Arbeit hat, verheiratet ist oder regelmäßig an Gottesdiensten teilnimmt, hat durchschnittlich ein erfüllteres Leben. Aber es gibt auch Überraschungen.
Erste Überraschung: Indonesien hat die Nase vorn
Die Autoren der Studie haben aus den Daten pro Land einen Wohlstandsindex berechnet. Indonesien führt mit einem Index von 8.10, während Deutschland mit einem Index von 7.01 auf Platz 17 von 22 Plätzen landet. Fazit: In einem ärmeren Land sind die Menschen glücklicher als in einem vergleichsweise reichen. Hilke Brockmann, Assoziierte Professorin für Soziologie an der Constructor University Bremen: „Vermutlich sind ärmere Länder glücklicher, weil sie materielle Dinge nicht in dem gleichen Maße wie Menschen in reicheren Ländern beurteilen. Denn sie haben sie nicht, sie erachten sie als nicht so wichtig.“ Aber es gibt noch mehr Überraschungen.
Ein Trend nur in Deutschland: Als Kind krank, als Erwachsener glücklich
So sollen Menschen, die als Kinder gesundheitliche Probleme hatten, im Erwachsenenalter aufblühen und ein gutes, deutlich erfülltes Leben führen. Das ist ein Trend, den es nur in Deutschland gibt. Hilke Brockmann gibt zu bedenken, dass die erhobenen Daten allerdings Erinnerungsdaten sind.
Sie könnte sich aber vorstellen, dass diese Erwachsenen in Deutschland eine gute Resilienz entwickelt haben. Also die Fähigkeit, widerstandfähig gegen Rückschläge zu sein. Dazu erinnert sie an die Wiedervereinigung, die vor 35 Jahren auch Auswirkungen auf die damaligen Kinder hatte. „Vielleicht hat man sich damals als Kind kränklich gefühlt hat. Ist dann aber aus dieser gesellschaftlichen Transformation gestärkt hervorgegangen, weil man in der Erinnerung sieht, dass man das eigentlich gut überwunden hat.“
Aber diese Überlegung ist spekulativ. Denn die Daten der „Global Flourishing Study“ liefern keine Erkenntnisse über die Ursachen der Ergebnisse. Es sind bisher reine Korrelationen.
Jüngere Menschen in Deutschland sind unglücklicher als bisher
Die letzte Überraschung: Bisherige Forschungen haben gezeigt, dass es jüngeren und älteren Menschen besser geht als denen, die in der Lebensmitte sind. Die Studie zeigt jetzt aber, dass es jüngeren Menschen zwischen 18 bis 29 Jahren schlechter geht.
Dahinter könnte als Ursache die Auswirkungen der Corona-Pandemie stecken. Denn jüngere Menschen waren den Schrecken der Pandemie besonders ausgeliefert. Hilke Brockmann hat auch hier eine vorsichtige Erklärung: „Der Staat, der zur Bewältigung der Pandemie agiert hat, hat das eben nicht abfedern können. Und dieser Mangel am sogenannten sozialen Kapital ist natürlich etwas, was besonders jüngere Leute betrifft.“
Die glücklichsten Menschen in Deutschland sind übrigens die ab 70 Jahren aufwärts.
Die Befragungen werden in den kommenden Jahren mit denselben Personen jährlich wiederholt, sodass zukünftig Veränderungen im Zeitverlauf analysiert werden können.