Die Ziele des Gebäudeenergiegesetzes waren klar: Deutschland sollte unabhängig vom russischen Gas werden und Heizen klimafreundlicher werden. Im Wärmebereich sei dafür noch viel Potential, hatte der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung immer wieder gesagt. Das Heizungsgesetz sollte die sogenannte Wärmewende anstoßen. Aber dann brach ein Sturm der Entrüstung los. Was war genau passiert?
Populisten haben Einfluss auf die Klimapolitik
Franziska Mey leitet die Forschungsgruppe demokratisches Handeln und Regieren am Institut für Nachhaltigkeit in Potsdam und sie interessiert sich dafür, wie Klimaschutz demokratisch umgesetzt werden kann. „Wir wollten verstehen, wie populistische Kampagnen gegen Klimapolitik Einfluss auf klimapolitische Entscheidungen nehmen“, sagt sie. Dafür schauten sich die Forschenden vor allem Aussagen von konservativen, wirtschaftsliberalen Akteuren sowie Medienpublikationen an.
Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von der Universität Hamburg und der Universität Weimar analysierten die Forscher im Nachhinein den Diskurs über das Heizungsgesetz und arbeiteten die dominierenden Diskursstränge heraus, also die Strategien, die die große Entrüstung mit ausgelöst hatten.
Gängige populistische Argumentationsmuster
Entdeckt haben die Forscher mehrere Strategien, die typisch für Populisten seien, sagt Tobias Haas, ebenfalls vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit in Potsdam. Polemische Überspitzungen wie „Habecks Heiz-Hammer“ oder „Energie-Stasi“ gehören dazu. Und auch Unwahrheiten: „Dass durch das Gesetz eine Enteignung von Hausbesitzern stattfinde, dass eine Form von Entmündigung stattfinde.“ Es wäre ein Gegensatz konstruiert worden zwischen „der Freiheit welches das bestehende System mit sich bringt versus der Gängelung durch das neue Heizungsgesetz“.
Gegensätze konstruieren sei eine gängige Strategie des Populismus, sagt Haas. Vor allem der Gegensatz zwischen angeblichem Volkswillen einerseits und politischen Eliten andererseits. Das „Wir gegen sie“ nennt es Franziska Mey: „Es werden Ängste in der Bevölkerung geschürt, die so nicht sein müssten. Da kommt es zu einer Verzögerung der nötigen Klimaschutzmaßnahmen. Die Angst in der Bevölkerung ist nichts, mit dem wir langfristige Veränderungen zum Klimaschutz durchsetzen können.“
Kommunikation transparenter gestalten
Es ist nicht nur eine Frage der richtigen Heiztechnik, den Wärmesektor nachhaltiger zu gestalten. Das habe die Analyse der Debattenstränge deutlich gemacht. Klimapolitik hat auch viel mit sozialer Gerechtigkeit und mit transparenter Kommunikation zu tun. Bei beiden Punkten wurden beim Heizungsgesetz offenbar Fehler gemacht, attestieren die Forschenden. „Es wäre auch wichtig gewesen, die sozialen Herausforderungen von Anfang an mitzudenken und abzufedern“, sagt Haas.
Und noch ein Aspekt hat dem Volkswirt in der Debatte besonders gefehlt: „Dass Gas und Öl keineswegs umsonst sind und 2027 ein europäischer Emissionshandel eingeführt wird, der Öl und Gas auf absehbare Zeit noch verteuern wird.“ Ökonomische Chancen für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft wären unter den Tisch gefallen.
Unionsparteien haben polemisch mitdiskutiert
Was die Studienautoren überrascht hat, waren weniger die typisch populistischen Diskurs-Strategien als vielmehr die Akteure selbst, sagt Haas: „Wie nah die Argumentationsweise der Unionsparteien an der der AfD war. Die AfD war sicher noch schärfer und polemischer, aber insgesamt lässt sich da in der Logik der Argumentation eine große Nähe feststellen.“
Die Wissenschaftler hoffen jetzt, dass ihre Analyse helfen kann, in Zukunft besser mit neuen Gesetzen und Vorschlägen umzugehen, die nötig sind für den Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft. „Denn wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass es viele populistische Kampagnen gegen Klimaschutz gibt, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können“, sagt Mey, auch dann, wenn die gewählten Regierungen keine Populisten seien und sich bemühten, die gesetzlich festgelegten Klimaziele zu erreichen.