Fehlende Masken, mangelnder Impfstoff, viele offene Fragen, Ratlosigkeit, Panik. Als das Corona-Virus in Europa angekommen war, herrschte zunächst einmal größtmögliche Unsicherheit. Jenseits der medizinischen Frage „Wie wird das Virus übertragen?“ stellten sich schnell auch grundlegende organisatorische: Wer ist für den Infektionsschutz zuständig, der Bund, die Bundesländer, die Kommunen? Gibt es überhaupt ein Infektionsschutzgesetz und wenn ja, wer setzt es durch? Rückblickend kann man mit Fug und Recht behaupten: Deutschland war auf eine Pandemie nicht vorbereitet.
Die Kernpunkte: Wissensaustausch und bessere Koordination
Damit die Vorbereitung in Zukunft besser läuft – und zwar weltweit – hat die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Pandemievertrag ausgearbeitet. Seine Kernpunkte:
- Die derzeit 194 WHO-Mitgliedsländer verpflichten sich, ihre Gesundheitssysteme und die Überwachung des Tierreichs so zu stärken, dass Krankheitsausbrüche schnell entdeckt und eingedämmt werden. Außerdem sollen sich die Staaten schneller gegenseitig darüber informieren und ihr Wissen austauschen.
- Alle Länder sollen Zugriff auf Schutzmaterial, Medikamente und Impfstoff haben, Gesundheitspersonal soll vorrangig versorgt werden.
- Pharmafirmen sollen ihr Know-how teilen, damit nicht nur in einigen wenigen Ländern Medikamente und Impfstoff produziert werden können.
- DNA-Sequenzen von Viren, Bakterien oder anderen Mikroorganismen sollen für die Entwicklung von Impfstoff und Medikamenten frei zur Verfügung gestellt werden. Impfstofffirmen spenden im Gegenzug ärmeren Ländern zehn Prozent ihrer Produktion und geben weitere zehn Prozent zu günstigen Preisen ab. Gerade der letzte Punkt aber ist umstritten, daher wurde er in einen Anhang ausgelagert.
Weder Zwangsmaßnahmen noch Sanktionen stehen im Vertrag
Wichtig ist dabei: Die nationale Souveränität, also die Vorgehensweise im Pandemiefall, bleibt den einzelnen Staaten erhalten. So steht in Artikel 22 ausdrücklich, dass weder die WHO noch ihr Generaldirektor innerstaatliche Maßnahmen anordnen, Reisebeschränkungen verhängen, Impfungen erzwingen oder Lockdowns anordnen können. Strafmaßnahmen gegen Länder, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, sind ebenfalls ausgeschlossen. Ausschließlich die einzelnen Länder, die den Vertrag ratifiziert, also angenommen haben, bestimmen, welche Maßnahmen gegen die Pandemie unternommen werden sollen. In Deutschland sind zudem die Bundesländer für den Vollzug des Infektionsschutzes zuständig, eben auch für die Pandemiebekämpfung.
Lob von der bayerischen Gesundheitsministerin Gerlach
Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) hatte sich bereits vor der Unterzeichnung des Abkommens optimistisch gezeigt. Gerlach sagte auf Anfrage von BR24: „Grundsätzlich begrüße ich den internationalen Pandemievertrag, da Pandemien bekanntlich nicht auf Landesgrenzen beschränkt sind. Ohne internationale Zusammenarbeit ist auch eine Pandemiebekämpfung nicht möglich, Austausch von Wissen ist essenziell. Der Vertrag ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“
Bayern hat nach Angaben des Gesundheitsministeriums die Vorsorge bereits in der Vergangenheit ausgeweitet. Dazu gehören ein Abwassermonitoring, also das genaue Beobachten der Virenlast im Wasser, sowie Sentinel Praxen, die regelmäßig und systematisch Stichproben über Atemwegsinfektionen sammeln, austauschen und auswerten.