Wer in diesen Sommertagen in Bayern unterwegs ist und ein wenig auf das Grün achtet, das entlang von Straßen, auf Verkehrsinseln, in der Mitte von Kreisverkehren und auf anderen Flächen in den Städten und Gemeinden wächst, der erlebt zweierlei: Mal ist die Grünfläche akkurat gestutzt, mal sieht man hoch wachsende Wiesen mit Wildblumen, die in Blüte stehen.
„Blühpakt Bayern“ soll Artenvielfalt fördern
Manch einer denkt dabei vielleicht zurück an das Volksbegehren „Artenvielfalt – Rettet die Bienen“ im Jahr 2019. Besorgt durch den Artenschwund, vor allem durch den Rückgang der Insekten, unterstützten vor fünf Jahren mehr als 1,7 Millionen Menschen das Begehren, das die Staatsregierung anschließend annahm, ohne dass es zu einem Volksentscheid kam.
Bereits im Jahr zuvor hatte die Staatsregierung den „Blühpakt Bayern“ ins Leben gerufen, mit dem die Artenvielfalt durch konkrete Projekte gefördert werden sollte. Eines der erklärten Ziele war, neben der Landwirtschaft und anderen Betrieben sowie Privatleuten auch möglichst viele Kommunen bei der Schaffung naturnaher und artenreicher Flächen zu unterstützen. 2021 folgte dann eine „Gemeinsame Erklärung für mehr Artenvielfalt“ von Umweltministerium, Bayerischem Städtetag und Gemeindetag. Was hat sich seit damals in den Städten und Gemeinden getan? Wie viele artenreiche Flächen wurden geschaffen? Und vor allem: Was ist noch zu tun?
Glauber: „Eine Erfolgsgeschichte“
Für Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (FW) ist der Blühpakt „eine Erfolgsgeschichte“, auch auf kommunaler Ebene. Von den rund 2.000 Gemeinden im Freistaat, heißt es auf Anfrage bei seinem Ministerium, hätten bislang 200 dazu bewegt werden können, auf ihren eigenen Flächen neue Lebensräume für Insekten zu schaffen. „Die Kommunen“, heißt es, „haben so bis dato über 570.000 Quadratmeter Lebensraum für Insekten geschaffen“, also 57 Hektar.
Unterstützt wurde der „Blühpakt“ von der Initiative „Natürlich Bayern“ des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL), auch sie gefördert vom Umweltministerium. „Natürlich Bayern“ sei ein Projekt gewesen, sagt Dagmar Nitsche vom DVL, das jetzt im sechsten Jahr laufe, dann aber zu Ende gehe: „Wir haben bis jetzt 500 Hektar kommunale Flächen über die Landschaftspflegeverbände aufgewertet. Wir haben 65 Bauhöfe geschult mit ca. 1.200 Mitarbeitern, so dass eigentlich eine ganze Menge an Wissen schon in den Landkreisen vorhanden sein müsste.“
Blühendes Beispiel: Neumarkt-Sankt Veit
Eine der Gemeinden, die vom Verband für Landschaftspflege unterstützt wurden, ist Neumarkt-Sankt Veit, die kleinste Stadt im Landkreis Mühldorf. Hier hatte man schon vor dem Volksbegehren und dem Blühpakt mit der Umwandlung von Flächen begonnen, sagt Erwin Baumgartner, der Erste Bürgermeister. Auslöser sei 2017 ein Seminar zum Thema Biodiversität gewesen, das er besucht habe: „Biodiversität war für mich ein Fremdwort, muss ich ganz offen zugeben. Das hat mich interessiert. Und das war für mich eigentlich der Start, dass ich gesagt habe: So etwas könnte man doch auch machen“.
Mit einer Brachfläche am Stadtrand, weniger als einen Hektar groß, fing es an. Später kamen weitere dazu. Zum Beispiel eine Grünfläche am „Mühleneck“, wenige hundert Meter vom Stadtplatz entfernt. Nach Bauarbeiten hatte sich hier eine Brache entwickelt, die nicht gemäht werden konnte wegen vieler Steine und Reste von Bauschutt. Die Fläche war zwar grün, aber eben nicht sehr artenreich. 2021 hatte die Stadt begonnen, sie naturnah zu gestalten.