Vitaminpräparate in Form von Pillen, Brausetabletten oder Gummibärchen füllen ganze Regalreihen in Drogerien und Supermärkten. Schnell entsteht der Eindruck: Ohne tägliche Nahrungsergänzung kommt man kaum durch den Alltag. Viele Menschen greifen nach dem Motto „Kann ja nicht schaden“ regelmäßig zu solchen Produkten. Doch genau das kann gesundheitliche Risiken mit sich bringen.
Reicht eine ausgewogene Ernährung für die Vitaminversorgung?
Wer sich vielseitig und ausgewogen ernährt, nimmt in der Regel alle wichtigen Vitamine über die Nahrung auf. Frisches Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Milch, Nüsse und Fisch enthalten in der Regel ausreichend Nährstoffe. Schon ein Frühstück mit Haferflocken und Banane, ein belegtes Vollkornbrot oder eine Handvoll Nüsse tragen zur Bedarfsdeckung bei.
Laut der Verbraucherzentrale Bayern [externer Link] sind Nahrungsergänzungsmittel für die Allgemeinbevölkerung meist überflüssig: „Der weitaus größte Teil der Bevölkerung ist heute mit Nährstoffen ausreichend versorgt.“ Das bestätigt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) [externer Link]: „Die überwiegende Zahl der Menschen ist hierzulande mit Vitaminen ausreichend versorgt. Und Vitaminmangelkrankheiten kommen äußerst selten vor.“
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll?
In bestimmten Situationen kann es medizinisch sinnvoll sein, gezielt Vitamine einzunehmen – allerdings nur nach ärztlicher Rücksprache. So wird Schwangeren etwa die Einnahme von Folsäure und häufig auch von Jod empfohlen. Wer sich vegan ernährt, muss dauerhaft Vitamin B12 ergänzen. Bei älteren Menschen oder solchen, die nur wenig Sonnenlicht abbekommen, kann ein Mangel an Vitamin D auftreten.
Auch bei einem ärztlich diagnostizierten Mangel kann eine gezielte Zufuhr helfen. Auf Verdacht sollte man jedoch keine hochdosierten Präparate einnehmen.
Können Vitamine gefährlich sein?
Vitamine sind gesund – das stimmt grundsätzlich auch. Doch eine übermäßige Zufuhr kann negative Folgen haben. Fettlösliche Vitamine wie A, D, E und K werden im Körper gespeichert – und können sich mit der Zeit anreichern. Das kann auf Dauer zu Beschwerden führen: von Übelkeit bis hin zu Leberschäden. Auch Vitamin D kann in zu hohen Dosen problematisch werden – etwa, wenn es die Kalziumwerte im Blut aus dem Gleichgewicht bringt.
Aber selbst bei wasserlöslichen Vitaminen wie C oder B ist Vorsicht geboten. Zwar scheidet der Körper Überschüsse meist wieder aus, trotzdem kann eine hohe Zufuhr Magen und Nieren belasten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung [externer Link] hat deshalb Höchstmengen für die sichere Aufnahme über Nahrungsergänzungsmittel empfohlen.
Hilft Vitamin C wirklich gegen Erkältungen?
Die Annahme, dass Vitamin C zuverlässig vor Erkältungen schützt, hält sich hartnäckig. Tatsächlich braucht das Immunsystem Vitamin C – aber mehr hilft nicht automatisch mehr. Studien [externer Link] zeigen: Eine dauerhaft erhöhte Vitamin-C-Zufuhr senkt bei gesunden Menschen nicht das Erkältungsrisiko. Wer bereits krank ist, kann mit Vitamin C höchstens die Dauer der Symptome leicht verkürzen.
Besser ist es, regelmäßig frisches Obst und Gemüse zu essen. Bereits eine Paprika oder ein Glas Orangensaft decken den Tagesbedarf. Wichtig: Vitamin C ist empfindlich gegenüber Hitze – schonendes Garen oder Rohkost sind daher ideal.
Sind natürliche Vitamine besser als synthetische?
Eine weitere verbreitete Annahme ist: Nur Vitamine aus natürlichen Lebensmitteln seien „echte“ Vitamine. Ob ein Vitamin aus einem Apfel oder aus dem Labor stammt – chemisch betrachtet unterscheidet es sich meist nicht. Der Körper kann beide Formen verwerten. Dennoch haben natürliche Lebensmittel Vorteile: Sie enthalten zusätzlich sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe und andere wertvolle Begleitstoffe. Eine ausgewogene Ernährung liefert damit nicht nur Vitamine, sondern auch viele weitere gesundheitsfördernde Substanzen.
Vitamine: Nicht immer hilft mehr auch mehr
Vitamine sind lebensnotwendig – doch mehr ist nicht automatisch besser. Nahrungsergänzungsmittel sind kein Ersatz für eine gesunde Ernährung und kein Mittel gegen Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme ohne medizinische Ursache. Wer ohne nachgewiesenen Mangel regelmäßig zu Präparaten greift, setzt sich unnötigen Risiken und Kosten aus.
Prof. Dr. Bernhard Watzl vom Max Rubner-Institut bringt es auf den Punkt: „Nahrungsergänzungsmittel schützen Gesunde nicht vor Krankheiten.“ Eine Einnahme ist nur dann sinnvoll, wenn ein konkreter Bedarf besteht – und sollte immer ärztlich oder ernährungsmedizinisch begleitet werden.