„Vielleicht der Beginn von etwas ganz Großem“ – mit diesem Slogan werben die rund 840 Volkshochschulen in Deutschland mit ihren rund 2.800 Außenstellen. In Bayern sind es rund 150 mit mehr als 1.000 Außenstellen. Im Programm stehen Klassiker wie Yoga-, Sprach- oder Computerkurse, aber genauso eher Exotisches wie „Maori-Tanz“. Ob „KI-Tools im Projektmanagement einsetzen“ oder „Mentale Gesundheit stärken“: Jährlich buchen etwa sechs Millionen Menschen einen VHS-Kurs. Damit ist die Institution Volkshochschule eine der wichtigsten Säulen der Erwachsenenbildung in Deutschland – und ständig im Wandel. „Die Volkshochschulen sehen sich permanent gefordert, das aufzuspüren, was Gesellschaft gerade braucht. Gleichzeitig sind sie gefordert, Schritt zu halten mit den gesellschaftlichen Entwicklungen“, fasst Julia von Westerholt, die Direktorin des Deutschen Volkshochschulverbandes, zusammen.
Anforderung an Volkshochschulen: Bildung von allen und mit allen
Volkshochschulen sind zum Teil staatlich subventioniert und stehen nicht zuletzt deshalb in der öffentlichen Verantwortung. Entsprechend vielfältig ist das Kursangebot. Allerdings kommen die Interessen von sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen oder von Minderheiten im Kosmos VHS mitunter zu kurz. Das zeigt die Würzburger Bildungsforscherin Jennifer Danquah in einer neuen Studie (externer Link) und fordert: „Wir können Bildung für alle nur erreichen, wenn es von allen und mit allen gestaltet wird.“
Am Beispiel einer Black Community, die von einer VHS-Leitung in die Programmplanung einbezogen wurde, hat Danquah Veränderungen im Portfolio untersucht. So entstand etwa ein Angebot zu – damals noch existierenden – kolonialen Straßennamen in der eigenen Stadt. Zu den bisherigen Anti-Diskriminierungskursen kamen ebenso welche für Opfer von rassistischen Angriffen. Jennifer Danquahs Empfehlung an die VHS-Leitungen lautet, „dass wir uns kontinuierlich fragen sollten: Wer sitzt am Programmtisch? Und wenn wir dann unterschiedliche Stimmen an diesem Tisch haben, dass wir uns dann fragen: Wer bleibt noch unsichtbar?“
Programme der Volkshochschulen werden am Standort entschieden
Tatsächlich gibt es keinen einheitlichen gesamtdeutschen Lehrplan für Volkshochschulen. Programme und Inhalte würden sinnvollerweise am jeweiligen Standort entschieden, erklärt VHS-Verbandsdirektorin Julia von Westerholt: „Selbstverständlich hängt ganz viel davon ab, was eine Volkshochschule vor Ort ausprobiert und wo sie Bedarf spürt, dem es dann zu entsprechen gilt.“ So ist der Bedarf zum Beispiel bei Integrations- und bestimmten Sprachkursen mancherorts erheblich höher als woanders. In der dicht besiedelten Großstadt boomen kulturelle Angebote. Im ländlichen Bereich wiederum haben Gartenkurse, „Wetterkunde für Bergsteiger“ oder „Kajak für Anfänger“ mehr Zulauf. Durch gezielte Förderung der vorherigen Bundesregierung schafften es etliche Angebote zu Nachhaltigkeit, Klima und Umwelt in die VHS-Programme – auch hier je nach Standort mit unterschiedlichem Zulauf.
Junge Menschen schätzen kostengünstiges VHS-Programm vor Ort oder online
Unterm Strich gilt: Je enger Volkshochschulen vor Ort und die Bevölkerung zusammenarbeiten, desto maßgeschneiderter können die Angebote werden. 1919 wurde die Volkshochschule als „freie Volksbewegung“ gegründet. Derzeit geben rund 184.000 Lehrende jährlich 14,7 Millionen Unterrichtsstunden. Vor allem 35- bis 64-Jährige belegen VHS-Kurse. 9,7 Prozent der Teilnehmenden sind unter 24 Jahre alt. Die Volkshochschulen wollen nun noch gezielter jüngere Zielgruppen erreichen. Umfragen zeigen, dass junge Menschen es durchaus schätzen, dass Volkshochschulen kostengünstig sind, sich meist nah am Wohnort befinden oder deren Kurse online zugänglich sind. Was unter 30-Jährige besonders interessiert, sind Kurse zur beruflichen Weiterbildung. Viele wählen Angebote mit anerkanntem Abschlusszertifikat mit Blick auf ihren Lebenslauf. An zweiter Stelle stehen Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung, gefolgt von Klima- und Umweltthemen. Künftig wollen die Volkshochschulen verstärkt auf Angebote zu „Projektmanagement“, „Teamführung“ oder „Interkulturellen Kompetenzen“ setzen. Dafür melden sich übrigens gerne auch ältere Teilnehmer an, was dem Motto der Volkshochschulen entspricht: Bildung für alle.