Dem Faser-Spezialisten Kelheim Fibres droht zum Jahresende das Aus. Ein möglicherweise rettender Investor ist abgesprungen, teilte das Unternehmen mit rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Montagnachmittag mit. Das Unternehmen befindet sich schon länger in Schieflage und musste vergangenes Jahr Insolvenz anmelden.
Zu wenige Bestellungen für 2026
Kelheim Fibres stellt unter anderem Fasern für Tampons, Binden oder feuchtes Toilettenpapier her. Mit Fremdfirmen und Leiharbeitern wären mehrere Dutzend weitere Menschen von einem Produktionsende am niederbayerischen Chemiestandort betroffen.
Die Rettung sollte ein Finanzinvestor bringen, ein entsprechender Kaufvertrag war bereits notariell beurkundet. Doch üblicherweise enthalten solche Verträge Rücktrittklauseln. In diesem Fall wäre die Übernahme nur zustande gekommen, wenn Kelheim Fibres von den Kunden für das kommende Jahr ausreichend feste Bestellungen erhalten hätte. Offenbar konnte das Unternehmen aber die angestrebte Absatzmenge nicht erreichen.
Wie Kelheim Fibres mitteilt, reicht „das verbindlich zugesagte Absatzvolumen nicht aus, um einen regulären Weiterbetrieb über den 31. Dezember 2025 hinaus wirtschaftlich darzustellen“. Vor diesem Hintergrund müsse derzeit eine „geordnete Ausproduktion“ vorbereitet werden.
Firma hofft auf Hilfe aus der Politik
Parallel will das Unternehmen in den kommenden Tagen aber versuchen, doch noch weitere Bestellungen an Land zu ziehen. Möglicherweise könne die Produktion dann weitergehen – allerdings in deutlich kleinerem Rahmen, sagte Sprecher Wolfgang Ott. Bleiben die Gespräche mit den Kunden erfolglos, wird der Betrieb zum 31. Dezember aber eingestellt werden müssen.
„Wir kämpfen derzeit, um einen Teil des Standorts am Leben zu erhalten, doch das gelingt nur mit Hilfe der Politik“, sagte Sprecher Wolfgang Ott. Die Firma und örtliche Politiker haben deshalb bereits Kontakt zur Bayerischen Staatskanzlei und dem Wirtschaftsministerium aufgenommen.
Unternehmen dankt Mitarbeitenden für Loyalität
Die Mitarbeiter des Unternehmens waren bereits gestern über die möglichen Szenarien für die kommenden Wochen informiert worden. „Wir danken unseren Mitarbeitenden besonders für ihr außerordentliches Engagement und ihre langjährige Treue. Wir bedauern den notwendigen Schritt zur Betriebseinstellung und schätzen die professionelle Zusammenarbeit, das Engagement und die Loyalität jedes Einzelnen“, teilte Kelheim Fibres mit. Man stehe in der Verantwortung, „faire Lösungen für alle Betroffenen zu finden“. Zudem will das Unternehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soweit möglich beim „Übergang in neue Perspektiven“ unterstützen.
Ursachen: Energiekosten und Preisdruck
Die neue Entwicklung ist ein weiterer, womöglich entscheidender Rückschlag beim Versuch, Fibres zu sanieren. Im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte das Chemieunternehmen, das nach eigenen Angaben einer der größten Einzel-Energieverbraucher Bayerns ist, mit hohen Gaspreisen enorm zu kämpfen. Dazu kamen in der jüngeren Vergangenheit hohe Rohstoffkosten und ein starker Preisdruck durch Konkurrenten – vor allem aus Asien.
Vergangenes Jahr half die Stadt Kelheim dem bereits deutlich angeschlagenen Konzern noch kurzfristig mit einer Finanzspritze, indem sie dem Unternehmen ein größeres Grundstück abkaufte. Trotzdem musste wenige Monate später das Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung eröffnet werden. Der Versuch, so einen eigenen Sanierungsplan umzusetzen, könnte nun endgültig gescheitert sein.
Kelheims Bürgermeister Christian Schweiger (CSU) sprach von einer traurigen Entwicklung. Die Stadt habe sich intensiv für eine tragfähige Lösung eingesetzt. Das Abspringen des Investors sei ein schwerer Rückschlag für die Mitarbeiter, die seit Langem für die Firma kämpfen.
Auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat offenbar wenig Hoffnung, dass der Chemie-Standort mit seiner fast 90-jährigen Geschichte noch gerettet werden kann. Es sei jetzt schwierig, noch eine Lösung zu finden, erklärte Aiwanger in einer Pressemitteilung. Sein Ministerium stehe seit langem in Kontakt zu Kelheim Fibres und man habe alles versucht.
Aiwanger wörtlich: „Trotzdem führen wir noch Gespräche in alle Richtungen, in der Hoffnung, eine Lösung zu finden, die aber nur im Markt liegen kann.“ Und der sei offenbar nicht bereit, die gestiegenen Kosten zu akzeptieren, so der Wirtschaftsminister.

