Der an Krebs erkrankte Thomas Gottschalk ist in mindestens einer Beziehung ein durchschnittlicher Mann: Denn er wollte nicht zum Arzt gehen. Schon Anfang Juli habe sie geahnt, dass irgendwas nicht mit ihrem Mann stimme, sagte seine Frau Karina der „Bild“-Zeitung: „Thomas wurde zusehends stiller und blasser und musste öfter zur Toilette. So kannte ich ihn nicht.“ Obwohl er sich auch schlechter bewegen konnte, habe sie für ihn einen Termin in der Klinik machen müssen.
Kürzere Lebenserwartung von Männern
Das Auto zum TÜV bringen? Kein Problem, das sieht jeder Mann ein. Führt kein Weg drumrum. Aber checken, ob die Prostata vergrößert ist oder ob im Darm Polypen wachsen? Nee, lieber nicht! Das ist ein Grund dafür, warum Männer im Schnitt fast fünf Jahre kürzer leben als Frauen. Natürlich führen sie oft auch ein risikoreicheres Leben, trinken im Mittel mehr Alkohol, ernähren sich ungesünder als Frauen und tun weniger für ihre Gesundheit, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) herausgefunden hat, aber sie gehen auch weniger zur Vorsorge.
Das belegen auch aktuelle Zahlen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Krankenkasse Barmer zur Darmkrebsfrüherkennung in Deutschland. Ein Beispiel: Wer macht die empfohlene Untersuchung auf unsichtbares Blut im Stuhlgang? Zwischen 2010 und 2022 haben dieses Angebot 55,5 Prozent der Frauen von 50 bis 54 Jahren genutzt: Bei den Männern war es nicht einmal die Hälfte: Nur 22,9 Prozent. Keinen einzigen Test gemacht hatten sogar 77,1 Prozent der Männer bis zum Alter von 55 Jahren, bei Frauen waren es immerhin noch 44,5 Prozent.
Empfohlene Vorsorgeuntersuchungen für Männer
Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) ermuntert Männer deshalb nicht nur zu einem gesünderen Lebensstil, sondern auch zu mehr Vorsorge und Früherkennung (externer Link). Ab 45 Jahren sollten sie jedes Jahr die Prostata untersuchen lassen und ab 65 Jahren einmal checken, ob ihre Bauchschlagader erweitert ist („Bauchaortenaneurysma“).
Weitere empfohlene Vorsorgeuntersuchungen – sowohl für Männer wie für Frauen – übernehmen die Krankenkassen zur Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nieren- oder Darmerkrankungen und Diabetes. Und ab 35 kann sich jede und jeder alle zwei Jahre auf Frühstadien von Hautkrebs untersuchen lassen. Und vor allem jüngere Männer sollten regelmäßig selbst ihre Hoden abtasten, um frühe Warnzeichen auf Hodenkrebs zu erkennen.
Warum sind Männer Arztmuffel?
Aber warum gehen Männer so ungern zum Arzt? Der Kölner Sportwissenschaftler Ingo Froböse („Der Männer-Gesundheitscode“ – externer Link) meint, das liege am Männerbild, mit dem Jungs in Deutschland groß werden: Sie meinten, sie müssten stark und unverwundbar sein, niemals klagen oder auffallen und immer durchhalten, so sagte er im Interview der „Welt“ (externer Link -möglicherweise Bezahlinhalt). Unter Männern sei Gesundheit auch weniger ein Gesprächsthema.
Laut einer älteren Untersuchung des Allensbach-Instituts (externer Link) haben Männer schlicht Angst vor den Ergebnissen oder wollen lieber gar nicht so genau wissen, wie es um ihre Gesundheit steht. Der Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologen e. V. Axel Schroeder bringt es so auf den Punkt: „Wenn es um ihre Gesundheit geht, neigen Männer zur Verdrängung“ (externer Link). Das sei unklug, so Schroeder, denn Vorsorge tue nicht weh und eine früh erkannte Krankheit lasse sich viel besser behandeln. Aber natürlich müsse man sich dann auch mit einer Diagnose auseinandersetzen.

