Karl Haberzettl nimmt den braunen Filzhut vom Haken, dreht ihn um und lächelt: „Ah, da ist sie ja“, murmelt er. Gemeint ist eine Hornissenkönigin. Sie hat sich in dem Hut, der an einer Garderobe im Langlebenhof Passau hängt, ein Nest gebaut. Noch ist sie darin alleine, doch das wird sich in den nächsten Wochen ändern. Die Eier hat sie bereits in den Waben abgelegt. Deshalb ist Haberzettl vom Bund Naturschutz in Passau heute bei dem Nest. Er wird es umsiedeln.
Beste Zeit, um Hornissennester umzusiedeln
„Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, die Königin noch zu fangen und das Nest zu an einen anderen Ort zu bringen“, sagt Haberzettl. „Das Hornissennest hat jetzt ungefähr die Größe von einem Tennisball. In den nächsten Monaten wird es aber viel größer werden, da fliegen dann bis zu 600 Hornissen in einem Nest“. Dann sei es mit viel mehr Aufwand verbunden, die Hornissen umzusiedeln. Deshalb empfiehlt der Experte, in den nächsten Wochen nach kleinen Nestern am Haus Ausschau zu halten. Besonders beliebt bei Hornissen sind dunkle, geschützte Ecken, wie beispielsweise Rollladenkästen.
Entdeckt man ein Nest, sollte man die Untere Naturschutzbehörde (UNB) kontaktieren. Denn das vorsätzliche oder fahrlässige Anlocken, Fangen oder Töten einer Hornissenkönigin ist nach dem Bundesartenschutzgesetz verboten und kann zu einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro führen. Haberzettl hat für das Fangen die Erlaubnis der Regierung in Niederbayern.
Hornissen folgen immer dem Licht
Mit einem kleinen Hammer schlägt er Löcher in den Deckel eines Marmeladenglases. Rundherum ist es mit Papier verklebt, nur der Boden des Glases ist frei. Ideale Voraussetzungen, um die Königin hinein zu locken, denn Hornissen folgen immer dem Licht. Ohne Schutzkleidung nähert er sich dem Nest und als die Hornisse am Rand des Glases sitzt, schiebt er sie mit der Hand leicht hinein. „Schon geschafft. Jetzt kommt sie an einen Ort, wo sie niemanden stört“, sagt er.
Insekten sind Tag- und Nachtaktiv
Anders als im Hauseingang des Langlebenhofs in Passau. Dort sind die Hornissen auf Dauer unerwünscht. Zwar sind die nicht giftiger als beispielsweise Bienen oder Wespen, aber die Tiere werden bei Erschütterungen oder hektischen Bewegungen nervös. Da die Hornissen tag- und nachtaktiv sind und von Licht angezogen werden, sammeln sie sich außerdem oft bei Lampen im Eingangsbereich. Zudem produzieren sie schwarze Ausscheidungen, die einen starken Geruch verursachen und mit der Zeit aus dem Nest herauslaufen.
Hornissen sind wichtig für die Biodiversität
In ihrem neuen Zuhause, einer Scheune, die rund fünf Kilometer vom Hof entfernt liegt, stört das aber niemanden. Dort setzt Haberzettl sowohl das Nest, als auch die Hornissenkönigin in einem kleinen Holzkasten ab. Darin können sich die Hornissen ungestört vermehren. „Hornissen sind ein Teil des Naturgefüges“, sagt Haberzettl. „Die erste Frage, die mir die Leute immer stellen, ist: ‚Wofür sind denn die Viecher überhaupt gut?'“ Man müsse sich Hornissen vorstellen wie ein Spinnennetz, sagt der Experte dann. „Wenn ich eins rausnehme, bricht das ganze System zusammen.“