Mindestlohnerhöhung: Mehr Plus beim Brutto als beim Netto
Der DGB Bayern sieht den geplanten Mindestlohn-Anstieg dennoch fast euphorisch: Das dürfte für viele Millionen Menschen eine der deutlichsten Lohnsteigerungen sein, die sie jemals erhalten haben, sagt Vorsitzender Bernhard Stiedl. Tatsächlich liegen laut statistischem Landesamt derzeit rund 15 Prozent aller mindestlohnberechtigten Beschäftigungsverhältnisse aktuell unter dem geplanten Mindestlohn von 13,90 Euro. Frauen werden mit einem Anteil von 18 Prozent deutlich häufiger von der Anpassung der gesetzlichen Lohnuntergrenze profitieren als Männer mit elf Prozent.
Der Haken ist nur: Wenn die Steuer- und Abgabenlast weiter steigt, dann könnte es sein, dass von dem Plus nicht mehr viel übrig bleibt. BR24-User „Ichhabeeinemeinung“ formulierte es so: „(…) Der Staat tut so, als würde er mit immer höheren Mindest- und anderen Löhnen das Problem lösen, leider falsch! Durch höhere Steuern und Sozialabgaben nimmt sich der Staat gleich einen großen Teil wieder für sich weg. (…)“
Für die Arbeitgeber bedeutet das oft, dass ihre Bewerberinnen und Bewerber kurzfristig wieder absagen, weil es sich für sie gefühlt „nicht lohnt“, arbeiten zu gehen. Solche Erlebnisse haben Unternehmerinnen und Unternehmer gerade aus dem Hotelgewerbe recht häufig.
Gastronomieverband fordert mehr Netto vom Brutto
Hinzu kommt noch ein Problem: Dehoga-Bayern-Geschäftsführer Thomas Geppert beklagt, dass die Kosten für die Arbeitgeber parallel zum Mindestlohn steigen. Zu den höheren Lohnkosten kommen noch die damit verbundenen höheren Arbeitgeberanteile bei den Sozialversicherungen. Geppert schreibt auf eine Anfrage des BR: „Der Arbeitgeber zahlt auf die Bruttovergütung zusätzlich noch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) in Höhe von in der Regel 20,45 Prozent. Das Arbeitgeberbrutto beträgt folglich 2.590,87 Euro.“
Dieser erhöhte Arbeitgeberanteil, so Geppert, bringe viele Betriebe in Existenznot. An diesem Missverhältnis müsse sich dringend etwas ändern, so Geppert. Er fordert Reformen bei den Sozialversicherungen. Außerdem strengere Bürgergeldgesetze, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen.
DGB sieht Verantwortung beim DEHOGA
Auf der Gewerkschaftsseite findet dies keinen Anklang. Statt über angeblich zu hohe Abgaben zu klagen, sollte sich der DEHOGA seiner Verantwortung für die Beschäftigten bewusst werden, sagt Bernhard Stiedl. Sein Vorwurf: Viele Menschen in der Gastronomie würden unbezahlte Überstunden leisten und teilweise würden sie nicht mal den ihnen gesetzlich zustehenden Mindestlohn erhalten.
Allerdings lässt sich noch nicht sagen, wie 2027 die Abzüge tatsächlich aussehen werden. Möglicherweise geht dann noch mehr vom Lohn weg als heute. Ob Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- oder Pflegeversicherungen: Alle haben bereits angekündigt, dass sie dringend mehr Geld brauchen. Beitragserhöhungen stehen im Raum. Wie es mit der Steuer dann aussieht, ist ebenfalls unklar. Die Abzüge könnten allerdings auch weniger werden, sofern die steuerlichen Freibeträge angehoben werden.