Spätestens bei einer Verkehrskontrolle oder dem TÜV kann es eine unangenehme Überraschung geben: Der Verbandskasten ist abgelaufen. Aber wieso eigentlich? Enthalten sind Pflaster, Kompressen und Verbände – nichts, was auf den ersten Blick verderblich wirkt. Hat das Ablaufdatum also einen sinnvollen Hintergrund? Oder ist es doch eher eine bürokratische Vorschrift ohne echten Nutzen?
Ist ein Verbandskasten in Deutschland Pflicht?
In Deutschland ist ein Verbandskasten in jedem Fahrzeug Pflicht – gesetzlich geregelt in Paragraf 35h der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) (externer Link). Damit im Notfall schnell geholfen werden kann, muss der Kasten bestimmte Verbandsmaterialien enthalten, die der DIN 13164:2022 (externer Link) entsprechen. Die DIN 13164 ist eine vom Deutschen Institut für Normung (DIN) herausgegebene Norm, die genaue Vorgaben zum Inhalt und zur Qualität von Verbandskästen für Kraftfahrzeuge definiert.
Was gehört in den Verbandskasten?
Seit der letzten Aktualisierung der DIN 13164 im Jahr 2022 ist der Inhalt des Verbandskastens klar geregelt. Neben klassischen Erste-Hilfe-Materialien müssen in neu gekauften Verbandskästen folgenden Inhalt haben:
- 1x Heftpflaster (5 m × 2,5 cm)
- 4x Fertigpflaster in verschiedenen Größen
- 2x Verbandpäckchen (1x mittel, 1x groß)
- 1x Verbandpäckchen klein (K)
- 1x Verbandtuch (60 × 80 cm)
- 1x Verbandtuch (40 × 60 cm)
- 2x Dreiecktuch
- 1x Kompresse (10 × 10 cm)
- 2x Fixierbinde (4 m × 6 cm)
- 3x Fixierbinde (4 m × 8 cm)
- 1x Rettungsdecke (210 × 160 cm)
- 1x Erste-Hilfe-Broschüre
- 1x Schere (Verbandsschere, rostfrei, stumpf/spitz)
- 4x Einmalhandschuhe (latexfrei, größenunabhängig)
- 2x Feuchttücher zur Hautreinigung
- 2x medizinische Gesichtsmasken (MNS)
Warum haben Verbandskästen ein Ablaufdatum?
Wundauflagen wie Pflaster, sterile Kompressen oder Verbände müssen keimfrei sein, um Infektionen zu verhindern. Ihre Verpackung sorgt dafür, dass keine Bakterien eindringen. Mit der Zeit kann die Verpackung jedoch beschädigt werden oder das Material altern. Dann kann die Sterilität nicht mehr garantiert werden und das Infektionsrisiko steigt. Das Ablaufdatum sorgt dafür, dass sterile Materialien tatsächlich keimfrei und einsatzbereit bleiben.
Was passiert, wenn der Verbandskasten abgelaufen ist?
Hersteller legen die Haltbarkeit ihrer Verbandskästen fest, oft liegt sie bei etwa fünf Jahren. Nach Ablauf des Datums ist nicht automatisch von unbrauchbarem Material auszugehen – die sterile Qualität kann häufig noch gegeben sein. Dennoch sollten die abgelaufenen sterilen Materialien ausgetauscht werden, um im Notfall sicher helfen zu können.
Wohin mit alten Verbandkästen?
Nicht wegwerfen – viele Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz, die Johanniter oder die Malteser freuen sich über alte Kästen. Diese werden in Erste-Hilfe-Kursen für Übungszwecke genutzt. In Bayern nehmen einige Rettungswachen oder Ortsgruppen diese direkt entgegen. Vorher lohnt sich ein kurzer Anruf bei der örtlichen Dienststelle oder ein Blick auf deren Webseite.
Sollte bei einem Unfall auch abgelaufenes Material benutzt werden?
Im Ernstfall gilt: Besser mit abgelaufenem Verbandsmaterial helfen als gar nicht helfen. Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar. Die Gefahr, sich durch abgelaufenes Material zu infizieren, ist im Vergleich zu den Risiken einer unbehandelten Wunde gering. Wichtig ist zudem, stets die im Verbandskasten enthaltenen Handschuhe zu benutzen, um Blutkontakt zu vermeiden und sich selbst zu schützen.
Welches Bußgeld kostet ein fehlender oder abgelaufener Verbandskasten?
Bei der Hauptuntersuchung kontrollieren TÜV oder Dekra den Verbandskasten. Ein abgelaufener Kasten wird als geringer Mangel bewertet. Bei einem fehlenden oder abgelaufenen Verbandskasten droht ein Verwarnungsgeld von fünf Euro. Diese Bußgeldregelung ist im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog festgehalten und dient vor allem der Verkehrssicherheit sowie der Erinnerung daran, den Verbandskasten regelmäßig zu prüfen.