„Siesta“ muss übersetzt werden
In der Arbeitswelt sehen die beiden Experten vor allem den Bedarf, bei Hitzetagen die Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Das sei ein Umdenken, was in südlicheren Ländern schon stattgefunden habe.
Das prominente Schlagwort „Siesta“ – also eine mehrstündige Pause, in der aufgrund der hohen Mittagshitze nicht gearbeitet, sondern geruht wird – ordnet Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, so ein: „Die vbw lehnt eine Siesta wie in südlichen Ländern klar ab. Die Unternehmen waren und sind auf die Herausforderungen von Hitze am Arbeitsplatz auch im Zuge des Klimawandels gut vorbereitet.“ Er fügt an, dass Arbeit an Maschinen und Schichtmodelle beeinträchtigt würden und der Wirtschaftsstandort Deutschland durch eine mehrstündige Pause weiter geschwächt werden würde.
Herrmann sieht die klassische Siesta auch anderswo auf dem Rückzug: „In den meisten Arbeitswelten wird keine Siesta mehr gemacht. Das ist mehr eine romantische Vorstellung.“ Aber wenn man die Siesta „übersetze“, als „intelligente Unterbrechung des normalen Musters“ in der Arbeitswelt während Hitzetagen, dann wäre es wünschenswert, dies zu übernehmen und von anderen Ländern zu lernen.
Wahrnehmung entwickeln, Sommer genießen
Moebus und Herrmann wünschen sich auch hier eine stärkere Verankerung im Recht. Brossardt hingegen findet: „Der Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland ist bereits äußerst detailliert geregelt. Weitere gesetzliche, regulatorische Maßnahmen erhöhen lediglich den bürokratischen Aufwand und zahlen nicht auf den Arbeitsschutz ein.“
Neben Arbeit und Bau sieht Herrmann im Sozialen eine natürliche Verschiebung in der Kultur, die schon zuvor unter anderem in Südeuropa zu beobachten war. Man könne länger draußen sitzen, die Öffnungszeiten von Gastronomie und anderen Gewerken passten sich dem an. Generell stellt er fest: „Der heiße Sommer ist ja auch was Schönes. Es ist mir ganz wichtig, dass wir keine Spaßverderber für den Sommer sind. (…) Diese Wahrnehmungsfähigkeit, ‚jetzt wird’s gefährlicher, was ist da zu tun‘, die müssen wir entwickeln, um den Sommer genießen zu können.“