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WirtschaftsRundschau > Nachrichten > Kultur > Mit Humor und Exzentrik: Die belgische Autorin Amélie Nothomb
Kultur

Mit Humor und Exzentrik: Die belgische Autorin Amélie Nothomb

Uta Schröder
Zuletzt aktualisert 26. Juni 2024 07:02
Von Uta Schröder
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5 min. Lesezeit
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Die Briefe sind überall, als Stapel im DIN A4 Format oder ungeöffnet übereinandergeschichtet: auf dem Tisch, in den Regalen, auf der Ablage an der Rückwand, die oben dekoriert ist mit einem Hut. Auch für die Hüte ist Amélie Nothomb bekannt, außerdem für frühes Aufstehen, enorm viel schreiben – und dafür, dass sie jeden Brief ihrer Leserinnen und Leser handschriftlich und ausführlich beantwortet. „Ich muss jeden Tag 20 Briefe beantworten, das ist die ideale Zahl. Wenn ich weniger schaffe, werde ich irgendwann zusammenbrechen. Mehr als 20 ist schlecht, ich bekomme ja jetzt schon zu viele. Also, 20 am Tag – ideal“, sagt sie m BR.

Inhaltsübersicht
Strukturiert und fleißig31 publizierte Romane – und viel mehr unveröffentlichteDer Roman „Passion“ hat den Papst berührt

Strukturiert und fleißig

Der französische Verlag Albin Michel stellt seiner Bestseller-Autorin dieses kleine Büro extra für diese Korrespondenz zur Verfügung. Der Tagesablauf von Amélie Nothomb ist berühmt und strukturiert: Ab vier Uhr früh schreiben, vormittags in den Verlag, dann Briefe beantworten: mit der Hand, kein Computer, kein Internet, kein Social Media.

„Das auf dem Tisch hier ist nach Namen geordnet“, erklärt sie. Und „da, das ist der Stapel des Herzens, Menschen, die ich sehr liebe. Alles auf diesem Tisch ist nach Eingang geordnet. Also: die Namen, das Herz, die Zeit.“ Amélie Nothombs Romane sind meist nicht besonders umfangreich – aber es gibt jedes Jahr einen neuen, und in Frankreich ist jeder davon ein sicherer Bestseller. Auch „Das Buch der Schwestern“, das heute in der Fassung ihrer langjährigen Übersetzerin Brigitte Große auf Deutsch erscheint und von einem sehr speziellen Geschwisterverhältnis erzählt.

31 publizierte Romane – und viel mehr unveröffentlichte

Ihre Texte vertraut die Schriftstellerin seit Beginn ihrer Karriere demselben Verlagshaus an, Albin Michel. Dass dessen Strategen sich trotzdem insgeheim die Haare raufen dürften, liegt daran, dass es eigentlich viel mehr Nothomb Romane gibt. Also quasi viel mehr potentielle Bestseller. Klar, bei dem Schreib-Fleiß. Nur – die rückt die Autorin nicht raus. Allein sie, Amélie Nothomb, bestimmt, was gelesen werden darf. Im Schnitt ist das jedes dritte Buch, aktuelle Bilanz, so sagt sie: 31 veröffentlichte und 110 geschriebene Romane.

„Die nicht veröffentlichten Manuskripte – wie macht man sie unzugänglich, ohne sie zu zerstören? Ich hab‘ da wirklich einen Think tank eröffnet“, erzählt die Schriftstellerin. „Und der beste Vorschlag kam von einem Baumschulförster aus dem Departement Corrèze, der sagte, Mme Nothomb, die Lösung ist Baumharz. Wenn man diese Manuskripte in einen Block aus Baumharz schließt, sind sie gleichzeitig auf perfekte Weise ewig und unzugänglich.“ Dann sei aber immer noch die Frage, was man mit diesem Baumharz-Block macht, aber dafür sei ja noch ein bisschen Zeit. „Mein Traum wäre, ihn dem Vatikan zu übergeben. Das ist noch ein Problem“, so Nothomb.

Der Roman „Passion“ hat den Papst berührt

Es ist diese Mischung aus Humor, Exzentrik und Selbstbestimmung, die Amélie Nothomb ziemlich unwiderstehlich macht – und die Dringlichkeit, mit der sie ihren Themen nachgeht. Liebesgeschichten, Kriminalistisches, eher Autofiktionales, Japan spielt immer eine große Rolle. Das Buch ihres Lebens aber ist „Passion“ – und da kommt auch der Vatikan wieder ins Spiel. „Passion“ – im Original „Soif“ (Durst) – war für viele Katholiken eine enorme Provokation. Es erzählt in der Ich-Form und aus der Sicht von Jesus am Kreuz. „Der Papst selbst mochte Soif“, sagt Nothomb. Er habe reagiert. „Er mochte es, die Kardinäle nicht. Er sagte, dass das Buch ihn berührt hat. Es gab überhaupt keinen Vorwurf. Das war toll. Während die Kardinäle mich eher vorgeladen haben, damit ich mich mal erkläre. Das habe ich abgesagt.“

Seit dieses Buch 2019 erschienen ist, könne sie in Ruhe sterben, sagt Amélie Nothomb noch. Fügt dann hinzu, dass sie andererseits doch zufrieden sei, noch am Leben zu sein und weiterschreiben zu können. Morgen früh um vier wieder.

Der neue Roman von Amélie Nothomb: „Das Buch der Schwestern“ ist übersetzt von Brigitte Große bei Diogenes erschienen.

 

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Von Uta Schröder
Uta Schröder ist eine versierte Kulturjournalistin und leitet das Ressort Kultur der WirtschaftsRundschau. Mit ihrem umfassenden Wissen und ihrer Leidenschaft für Kunst und Kultur bietet sie tiefgehende Analysen und spannende Einblicke in die kulturelle Landschaft.
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