Die Jury des Deutschen Buchpreises hat aus 229 Titeln die aus ihrer Sicht 20 besten deutschsprachigen Romane des Jahres ausgewählt. Die Auswahl der Werke zeige „die Vielfalt der deutschsprachigen Literatur“, sagte die Jurysprecherin Laura de Weck dem BR. Auffallend sei aber, dass viele Autorinnen und Autoren „in die Vergangenheit schauen oder in die Zukunft blicken, um auf das Heute zu schließen“, sagte de Weck. „Wir haben gerade gar nicht so viel Gegenwart“, sagt de Weck.
Autofiktionale Romane weiterhin im Trend
So erzählt Feridun Zaimoglu in seinem Roman „Sohn ohne Vater“ einmal mehr von der Geschichte seiner Familie. Der Tod des Vaters wird zum Ausgangspunkt einer langen und fordernden Reise im Wohnmobil. Und zu einer Rückschau, auch auf die Kindheit in München. Aber auch bei anderen Autorinnen und Autoren spielt die Autofiktion eine Rolle.
Kaleb Erdmann etwa, der als Kind den Amoklauf an einem Erfurter Gymnasium miterlebte, sucht in „Die Ausweichschule“ zwanzig Jahre später die literarische Auseinandersetzung mit dem Geschehen. Und in dem Debüt „Blinde Geister“ mache Lina Schwenk etwa generationsübergreifende Traumata zum Thema, sagt de Weck dem BR. Insgesamt gehe es häufig darum, „diese Welt, die ja gerade sehr unbeständig ist, zu spiegeln“. Zurückzuschauen, „was wurde damals verschwiegen, was haben wir für Fehler gemacht und was hat das für Konsequenzen auf heute“.
Auf der Longlist sind etablierte Autorennamen ebenso vertreten wie Newcomer. Gleich sechs Schriftstellerinnen neben Lina Schwenk etwa auch Jehona Kicaj mit „ë“ oder Jacinta Nandi mit „Single Mom Supper Club“ haben es mit ihrem Erstlingswerk direkt auf die Liste geschafft. Andere Autorinnen und Autoren wie Feridun Zaimoglu oder Christine Wunnicke sind schon etabliert. So wurde Wunnicke, die mit ihrem Buch „Wachs“ nominiert ist, zuletzt mit dem Jean-Paul-Preis des Freistaats Bayern für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Sieger erhält 25.000 Euro
Viele Romane zeichneten sich durch ihren Sprachwitz und ihr humorvolles Erzählen aus, was „gerade jetzt unverzichtbar“ sei, sagte Jurysprecherin de Weck bei der Vorstellung der Longlist in Frankfurt am Main. So entwickle Dmitrij Kapitelman in seinem Roman „Russische Spezialitäten“ über den Ukraine-Krieg eine Sprache, „die die russische Propagandasprache von Putin auf skurrile Weise lustig ad absurdum führt“. Und Nava Ebrahimis „Und Federn überall“ sei ein Mix aus seriellem Erzählen und Gesellschaftssatire anhand einer Hühnerschlachterei.
Insgesamt hat die Jury mehr als 200 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2024 und Mitte September 2025 erschienen sind oder noch erscheinen. Am 16. September wird die Longlist dann auf sechs Titel für die sogenannte Shortlist verkürzt.
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen im Literaturbereich und ist mit insgesamt 37.500 Euro dotiert: Der Sieger erhält 25.000 Euro, die übrigen Autoren der Shortlist jeweils 2.500 Euro. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an Martina Hefter für ihren Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“.
Mit Informationen von dpa