Die evangelische Kirche in Utting am Ammersee hatte eine Zwiebel auf ihrem Turm – bis die Kirche vor vier Jahren abgebrannt ist. Die Kirche soll nun nach dem Wiederaufbau eine neue Zwiebel bekommen. Vor der noch eingerüsteten Christuskirche rollt der Kran an. Der neue Turm ist etwas breiter als der alte Turm.
Bauunternehmer: Jede Generation baut eine Kirche
Nun soll die kupferne Zwiebelspitze montiert werden – für Bauunternehmer Joachim Loy ein emotionaler Moment: „Das ist das besondere an unserer Firma, dass wir in jeder Generation eine Kirche gebaut haben: Mein Opa hat eine gebaut, mein Papa hat eine gebaut, mein Onkel hat eine gebaut. Das ist einfach etwas Ehrenvolles: eine neue Kirche zu bauen.“
Die Konstruktion einer Zwiebelspitze ist anspruchsvoll. Das Holz muss in die geschwungene Form gebracht werden. Vor einigen Wochen entstand die Kupferverkleidung in Handarbeit. Spengler Jonas Lacher hämmerte die Blechstücke sorgfältig um die Kuppel. „Wir haben 0,7 Millimeter Stärke, das wirkt recht dünnwandig, aber es reicht aus. Ein Kupferblechdach hält mehrere hundert Jahre, wenn alles gut verarbeitet ist“, sagt Jonas Lacher.
Zwiebeltürme sind keine bayerische Erfindung
In Bayern wurde die erste Zwiebelturmspitze 1576 in Augsburg errichtet. Erfunden wurde sie aber nicht in Bayern, weiß Zimmerermeister Wolfgang Weigl: „Es gibt byzantinische Ursprünge, es gibt russische Ursprünge, manche Formen sind nicht direkt eine Zwiebel, sondern mehr ein osmanischer Turban oder eine Kerzenflamme.“
Unterscheiden müsse man aber zwischen einer „Welscher Haube“ und einer Zwiebel. Die „Welscher Haube“ hat eher die Form einer Walnuss – ähnlich der Münchner Frauenkirche. Die Zwiebel hat unten eine Taille, erklärt der Zimmerermeister. Diese Zwiebeln und Hauben wurden ab dem 16. Jahrhundert zum Trend – vor allem auf katholischen Kirchtürmen in Bayern. „Das hat ja allen gefallen, weil es so harmonisch rund ist, da stößt sich das Auge nicht. Und deswegen ist das sehr gut angekommen. Die Bayern haben da wieder ihre Extra-Wurst bekommen und haben einfach ein besonders Dach haben wollen“, glaubt Wolfgang Weigl.
Zwiebelturm in etwa so groß wie ein Auto
In Utting am Ammersee hebt der Kran die Zwiebelkuppel nach oben auf den Turm. Die Zwiebel ist in etwa so groß wie ein Auto. Oben angekommen warten schon die Handwerker, um die Zwiebel zu montieren. Anschließend bringen sie die goldene Kugel und das Kreuz an der Spitze an. Vier Jahre nach dem Kirchenbrand hat die evangelische Kirche in Utting wieder einen Zwiebelturm. Für viele Uttinger ein besonderer Moment: „Ein Meilenstein, dass der Turm wieder eine Zwiebel hat. Das ist ein Geschenk Gottes“, sagt ein Anwohner. „Ich bin begeistert. Ich weiß, wie nach diesem unsäglichen Brand alle zusammengeholfen haben“, sagt eine Gläubige. „Ich wurde in der alten Kirche getauft, habe langen Bezug zu dieser besonderen Kirche aus Holz am Ammersee – einzigartig ist sie jetzt wieder.“
Auch Bauunternehmer Joachim Loy ist glücklich und zufrieden mit seiner Arbeit: „Man ist unglaublich stolz. Das wird man seinen Kindern und Enkeln noch erzählen, dass wir die Kirche wieder aufgebaut haben und dass wir die Zwiebel oben drauf gesetzt haben.“ Eine der wenigen Zwiebelkuppeln auf einer evangelischen Kirche ist wieder zurück – in Utting am Ammersee.