Eine aktuelle Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) belegt, dass in Deutschland seit 2019 deutlich mehr Menschen zwischen 25 und 34 Jahren einen Hochschulabschluss erworben haben. Die Absolventenquote kletterte zwischen 2019 und 2024 von 33 auf 40 Prozent. Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland dennoch zurück: Der OECD-Durchschnitt für Hochschulabschlüsse liegt bei 48 Prozent.
Parallel dazu wächst jedoch die Gruppe junger Erwachsener ohne Abitur oder Berufsausbildung. Der Anteil der Personen ohne Fachhochschulreife, Abitur oder abgeschlossene Berufsausbildung stieg von 13 auf 15 Prozent. Im europäischen OECD-Vergleich schneiden nur Italien, Spanien und Portugal schlechter ab.
Soziale Herkunft bestimmt oft den Bildungsweg
Die soziale Herkunft erweist sich dabei als entscheidender Faktor: Nur etwa ein Fünftel der jungen Erwachsenen aus bildungsfernen Haushalten erreicht einen Hochschulabschluss – bei Akademikerkindern sind es rund 60 Prozent.
Andreas Schleicher, Leiter der Pisa-Studie, kritisiert in der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten scharf: Deutschland sei „in Sachen Chancengerechtigkeit im Bildungssystem schlechter als die USA“.
OECD trägt Sorge um Deutschlands Bildungssystem
Die vertiefte Kluft zwischen den Bildungsschichten in Deutschland alarmiert die OECD. Sie bezeichnet die Entwicklung als „besonders besorgniserregend“. Ein Hochschulabschluss verschaffe Absolventen nämlich „ein höheres Erwerbseinkommen, eine stabile Beschäftigung und einen besseren Gesundheitszustand“.
OECD-Generalsekretär Mathias Cormann sieht in der höheren Bildung sogar den Grundstein für eine funktionierende Gesellschaft: Eine qualitativ hochwertige Hochschulbildung versetze unsere Gesellschaft in die Lage „strukturelle Veränderungen zu bewältigen, die Bevölkerungsalterung, künstliche Intelligenz, Digitalisierung und ökologische Transformation“ mit sich bringen“.
Wie viel der Staat in Bildung investiert
Ein Paradox offenbart die Studie bei den Bildungsausgaben: Deutschland investiert pro Person mehr Geld als der Durchschnitt der Industriestaaten in sein Bildungssystem – rund 15.200 Euro im Jahr. Im Blick auf das Bruttoinlandsprodukt des Landes – also die wirtschaftliche Leistung – fällt Deutschland mit seinen 4,4 Prozent Investitionen im Vergleich wieder ab. Länder wie Norwegen oder Großbritannien geben mehr als sechs Prozent ihres BIPs in die Bildung zurück.
Deutschland zieht immer mehr ausländische Studierende an
Einen Erfolg kann Deutschland hingegen bei internationalen Studierenden verbuchen – insbesondere in den MINT-Fächern. „Wir können mit Fug und Recht sagen, dass wir MINT-Weltmeister sind“, verkündet Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) stolz. Der Anteil ausländischer Studierende ist seit 2013 von 7,1 auf 12,7 Prozent im Jahr 2023 gestiegen und liegt damit deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 7,4 Prozent. Deutschland etabliert sich also zunehmend als attraktiver Studienort für internationale Nachwuchswissenschaftler.
Dieser Trend verstärkt sich weiter: Laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts waren im vergangenen Wintersemester bereits 492.600 Studierende aus dem Ausland eingeschrieben – das entspricht rund 17 Prozent der insgesamt 2,87 Millionen Studierenden in Deutschland. Der Aufwärtstrend setzt sich also auch 2025 fort.
Strategisch sind diese ausländischen Studierenden von großer Bedeutung – vorausgesetzt, sie bleiben nach dem Studium im Land. Das sei jedoch kein Problem, versichert Ministerin Dorothee Bär. Viele blieben nach dem Studium auch weiter in Deutschland. Und kreierten damit ein „enormes Fachkräftepotenzial“, das Deutschland in Zukunft nutzen kann.