Ed Sheeran – das ist der Superstar aus England, der als sympathischer Typ von nebenan daherkommt. Mit seinen Konzerten füllt er Stadien, bei Instagram folgen ihm 49 Millionen Menschen, einige seiner Songs haben sogar Milliarden von Streams. Am 12. September um Mitternacht erschien nun „Play“, sein achtes Studio-Album, – unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen als „high security release“. Das bedeutet vor allem: strikte Geheimhaltung vorab.
Geheimhaltung: Ed alias „Oscar“
Große Plattenfirmen müssen mit den Superstars all das Geld wieder reinholen, das sie mit weniger erfolgreichen Künstlerinnen und Künstlern verlieren. Insofern ist die Nervosität verständlich, wenn eine Veröffentlichung wie die von Sheeran ansteht.
Dennoch treibt die Geheimhaltung seltsame Blüten. Bei Sheerans Major-Plattenfirma etwa durfte auch intern kein Dokument mit dem Namen des Künstlers existieren. Man arbeitete stattdessen mit einem Codenamen: Überall wo „Ed Sheeran“ hätte stehen sollte, war in den zurückliegenden Wochen „Oscar“ zu lesen. Auch als Kritiker bekam man ein Dokument mit der Information: „Oscar ist ein britischer Sänger und Songschreiber, mit über 200 Millionen verkauften Tonträgern ist er einer der kommerziell erfolgreichsten Künstler unserer Zeit.“
Wie ein altes Handy zu einem großen Song inspiriert
Wenn man „Play“ dann gehört hat, kann man sich einen Reim auf die Geheimniskrämerei machen, der weniger mit Geschäft als mit der Musik zu tun hat. Denn vielleicht hatte das Ganze auch einfach mit der Angst zu tun, dass jemand schon im Vorfeld sagen könnte: Auch diese Platte ist einfach ein ganz normales Ed Sheeran-Album geworden – eines mit Licht und Schatten also. Wie immer gibt es auch auf „Play“ ein paar belanglose Songs, wie immer gibt es ein paar wirklich naive, holprige, auch banale Texte – vor allem, wenn Sheeran über die Liebe singt.
Aber – ein ganz normales Ed Sheeran-Album heißt eben auch: Man bekommt ein paar großartige Songs zu hören. Ist er in Höchstform, dann ist Sheeran ein ausgezeichneter Songschreiber. Man darf nicht vergessen: Er kann – das hat er oft bewiesen – alleine auf der Bühne mit seinen Liedern ein ganzes Stadion unterhalten. Warum kann er das? Weil er in seinen Stücken Geschichten erzählen kann, sich raffinierte Melodien ausdenkt – und weil er immer wieder Emotionen einbringt, die authentisch sind und anrühren. Zum Beispiel in dem Song „Old Phone“: Da singt er davon, wie er ein altes Handy wiedergefunden hat – und darauf lauter Chats mit Exfreundinnen noch einmal las. Oder mit Leuten, die gar nicht mehr am Leben sind.
Persische und indische Elemente …
Die vorhergehenden Alben von Ed Sheeran hatten mathematische Zeichen als Titel: plus, minus, geteilt, ist-gleich. Mit dieser Serie bricht der Musiker nun und nennt sein neues Werk „Play“. Etwas Spielerisches hat dieses Album tatsächlich – auch darin, dass sich Ed Sheeran von anderen Kulturen beeinflussen ließ. So begeisterte ihn einer seiner Produzenten für persische Musik. Sheeran nahm außerdem auch in Indien auf und stellte dort das Album fertig. Das ist immer wieder herauszuhören, zum Beispiel in „Sapphire“, einem Song, für den Sheeran mit dem indischen Musiker Arijit Singh zusammenarbeitete. Der Brite lernte selbst ein bisschen die Sprache Panjabi – was ihm dann wiederum seine erste Nummer eins in Indien bescherte.
… und Rap
Von solchen Global Popsongs gibt es eine Handvoll. Der Rest der 17 neuen Songs sind klassischer Ed Sheeran-Pop, was übrigens immer noch heißt, dass er nicht nur singt, sondern auch rappt. Rap ist seine große Liebe, Sheeran war als Kind großer Eminem-Fan. Es gibt wunderbare Aufnahmen in einer Doku, da sieht man ihn im Alter von zehn Jahren, erst beim Cello üben, da lobt ihn der Vater, „Well done, Edward“!“ – und dann, Schnitt: rappt der talentierte Kleine in der Schule. Gemäßigtes Crossover war also schon immer ein Spiel, das er beherrschte, der freundliche Ed Sheeran.