Der Westen versuche das „politische Bewusstsein“ der Russen zu „korrumpieren“, behauptete Wladimir Putin bei einer Podiumsdiskussion am 2. Oktober [externer Link]. Aber seine Landsleute blieben allen „Informationsangriffen“ gegenüber standhaft: „Mir wurde kürzlich erzählt, dass eine russische Tradition wiederbelebt wird: Mädchen, junge Frauen, kommen zu Veranstaltungen, machen Urlaub, gehen in Bars usw. und tragen dabei Kokoschniks, also russische Trachten. Wissen Sie, das ist kein Witz – es freut mich sehr. Warum? Weil es bedeutet, dass unsere Gegner trotz all ihrer Versuche, die russische Gesellschaft von innen heraus zu zerstören, keine Ergebnisse erzielen; im Gegenteil, sie erzielen den gegenteiligen Effekt.“
Das beweise die „Reife und Stärke der russischen Gesellschaft“, so Putin, und zeige, dass Jugendliche einen „inneren Schutz“ vor derartigen „Angriffen“ hätten. Dass er ausdrücklich betonte, keinen „Witz“ zu machen, spricht allerdings dafür, dass er selbst das Gefühl hatte, sich an der Grenze zur Satire zu bewegen.
„Könnte zum Mainstream werden“
Propagandisten und Ultrapatrioten reagierten begeistert: „Darüber freue ich mich auch riesig. Die russische Trachtenkultur wird langsam von Enthusiasten wiederbelebt. Und mit ein wenig Unterstützung von Wladimir Putin könnte sie durchaus zum Mainstream werden“, jubelte Militärblogger Alexei Schiwow [externer Link]. Kokoschniks seien „Teil des kulturellen Codes und prägten das Bild von Russlands“.
Schiwow und andere rechtsnationale Kommentatoren verwiesen darauf, dass einer russischen Schülerin kürzlich das Tragen des traditionellen Haarschmucks von ihrer Lehrerin untersagt worden sei, mit dem Hinweis, bei dem scharfkantigen Kopfputz bestehe Verletzungsgefahr. „Ich bin sicher, dass Putin über die Situation an der Schule in der Region Swerdlowsk Bescheid weiß und den Kokoschnik daher so milde in Schutz nahm. Ich habe das Gefühl, dass die Lehrerin morgen selbst einen tragen wird“, so Marina Achmedowa vom Russischen Menschenrechtsrat [externer Link].
Es soll sogar patriotische „Kokoschnik“-Flashmobs mit 1.000 Teilnehmerinnen gegeben haben. Nicht nur Militärblogger Oleg Zarow fühlte sich an eine Anekdote wie aus einem Roman von Nikolai Gogol (1809 – 1852) erinnert [externer Link].
„Landestypisch wie Diamanten und Pelze“
Die Kokoschniks sollen seit dem Hochmittelalter populär gewesen sein, der Name leitet sich vom slawischen Wort für einen „Hahnenkamm“ (kokosh) ab. Vorbild könnten die Heiligenscheine auf christlichen Ikonen gewesen sein.
Russische Online-Händler behaupten, es gebe tatsächlich einen Nachfrageboom nach traditionellem Kopfputz [externer Link], besonders in Moskau und St. Petersburg, wobei rote Kokoschniks deutlich beliebter seien als weiße oder schwarze.