Ein Klassiker – und gleichzeitig Fusion-Küche
BR24: Auch für den Sternekoch Tim Raue?
Tim Raue: Ich liebe sie ja am allermeisten nach einem sehr langen Arbeitstag, so um Mitternacht rum, dann hat sie einfach eine wärmende, animierende, wunderbar ins Bett oder in den Club bringende Wirkung.
BR24: Im Prinzip markiert doch die Currywurst auch so etwas wie die Erfindung der Fusion-Küche. Englische Worcestershiresauce, indisches Currypulver, dazu eine deutsche Brühwurst. Das ist Ihnen ja sowieso nahe als Koch, so arbeiten Sie ja.
Tim Raue: Ich finde, dass das Multikulturelle im Kulinarischen etwas zeigt. Gerade jetzt, wo in Deutschland das Politische ins extreme Rechte und extreme Linke tendiert. Nämlich, wie wichtig es ist, unterschiedliche Kulturen zusammenzulegen. Wenn Extremisten eine Currywurst essen, sollen sie auch wissen, dass da viele Kontinente und Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen auf einem Teller, auf einem Löffel vereint sind. Und dass das sehr gut sein kann.
Industrieprodukt als Körperverletzung
BR24: Sie haben aber auch schonmal gesagt, die Currywurst sei Körperverletzung.
Tim Raue: In dem Fall ging es darum, was industrielle Lebensmittel mit uns machen. Wenn du eine Currywurst für 20 Cent aus dem Froster kaufst, dann ist das ein reines Industrieprodukt, und das ist Körperverletzung. Nichts an dieser Wurst ist gut für dich.
BR24: Könnten Sie sich denn vorstellen, die Currywurst derart zu verfeinern, dass Sie sie auch in Ihrem Sterne-Lokal servieren können? Also so, wie Sie es zum Beispiel mit den Königsberger Klopsen getan haben?
Tim Raue: Die Königsberger Klopse sind ein richtiges Gericht. Die Currywurst ist für mich Streetfood. Die möchte ich so essen, dass sie einfach als Currywurst funktioniert, auch nicht mit Pommes! Ich finde, die lenken zu viel ab. Lieber mit einem Brötchen oder – wie wir Berliner sagen – mit einer Schrippe, wo du halt die ganze Soße richtig schön aufstippen kannst.