Wenn es das Wirtshaus nicht mehr gibt, dann gibt es womöglich auch kein Bayern mehr. So radikal formuliert es Richard Loibl, Direktor des Hauses der bayerischen Geschichte, in dem Dokumentarfilm „Fanni – Oder: Wie rettet man ein Wirtshaus?“. Er ist einer der Fachleute, die darin über die Bedeutung der Wirtshauskultur für Bayern räsonieren.
Auch Kabarettist Gerhard Polt, bekennender Geselligkeits-Praktiker und Gemütlichkeits-Philosoph, sagt darin über das Wirtshaus: „Bei uns nördlich der Alpen ist das das Forum der Italiener, die Piazza, aber überdacht. Das war ein Austausch, ein Katalysator von Meinungen, von Wissen, von Informationen.“
Die Wiedergeburt der „Fanni“
Nun sind die eigentlichen Helden des Filmes aber nicht Gerhard Polt oder Richard Loibl, sondern diejenigen, die aktiv etwas gegen das Wirtshaussterben tun wollen. Und die heißen: Norbert, Thomas, Konrad oder Klaus. Männer an der Spitze einer Gruppe von rund 50 Menschen in Pischelsdorf im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm, die dem dortigen Gasthaus „Fanni“ zur Wiederauferstehung verholfen hat.
40 Jahre hatte die Gaststätte nach dem Tod ihrer Wirtin und Namensgeberin Fanni leer gestanden. 40 Jahre, in der die Erben sie nicht anrührten. Bis das Anwesen zum Verkauf stand und endlich die Stunde derjenigen Pischelsdorfer schlug, die sich nach ihrer „Fanni“ zurücksehnten. Sie gründeten eine Genossenschaft und machten sich daran, das Wirtshaus auf Vordermann zu bringen.
Von der Projektpräsentation im Feuerwehrstadl über die dreijährige Sanierungsphase bis zur Wiedereröffnung der „Fanni“ – die Renovierungsarbeiten in dörflicher Eigenregie bilden den roten Faden von Hubert Neufelds Dokumentation.
Handwerklich begabte Männer
Der Film liefert auch Antworten auf die Frage im Untertitel des Films, wie man denn nun so ein Wirtshaus rettet? Positive Verrücktheit, vor allem aber Durchhaltevermögen und Engagement würden es ausmachen, sagen die Dorfbewohner.
Und so sieht man in zahllosen Szenen vor allem Männer, vorwiegend mittleren bis fortgeschrittenen Alters, beim Schrauben, Bohren, Sägen, Hobeln, Flexen und Fliesenlegen zu. Wer also fleißige Handwerker sehen will, der muss ins Kino gehen. Für alle hingegen, die eher nicht zu der Sorte Mensch gehören, die Samstagvormittage gern im Baumarkt verbringt, ist der Film zwischendurch auch mal ein wenig ermüdend.
Wirtshaus = Identität
Man erfährt in dieser Doku viel über die Kräfte, die so ein gemeinsames Ziel freisetzen kann. Zweifel, Hadern und auch äußere Widerstände indes werden allenfalls am Rande erwähnt. Womöglich gab es die auch nicht. Sie hätten dem Film aber dramaturgisch gutgetan. Und vielleicht wäre es allein schon ein Gewinn gewesen, mit den Frauen zu reden, die hier nur als Vorhang-Näherinnen und Dekorationsmalerinnen vorkommen, was sie denn so davon halten, dass ihre Wirtshausretter-Ehemänner einen Großteil ihrer Freizeit am Bau verbringen?
Trotz solcher Einwände: Hubert Neufelds Film punktet mit solidem Dokumentar-Handwerk und zeigt auf, dass lebendige Wirtshäuser identitätsstiftend für Dörfer sein können, es ein gemeinschaftlicher Wiederaufbau einer solchen Wirtschaft aber noch deutlich mehr ist. „Fanni – Oder: Wie rettet man ein Wirtshaus?“ kommt am 24.04.2025 in die Kinos.