Mit 97 Jahren, sechs Monaten und zwei Wochen hat es Kardinal Friedrich Wetter, ehemaliger Erzbischof von München und Freising, nun unter die 20 ältesten Kardinäle aller Zeiten geschafft. Am Dienstag zog Wetter mit dem 2021 verstorbenen Kardinal Alexandre Jose Maria dos Santos gleich, dem einstigen Erzbischof von Maputo in Mosambik.
Kardinal Friedrich Wetter war bis 2008 Erzbischof von München und Freising und trat erst mit 80 Jahren seinen Ruhestand an. Seitdem lebt Wetter in einem Münchner Seniorenheim der Barmherzigen Schwestern. Sein Nachfolger wurde 2008 Kardinal Reinhard Marx.
Ältester Kardinal aller Zeiten war 101,5 Jahre alt
Der bislang älteste bayerische Kardinal steht auf Rang neun der weltweiten Altersliste von Kardinälen der katholischen Kirche. Es handelt sich um den 2010 verstorbenen Paul Augustin Mayer, Benediktiner in Altötting, er wurde 98,9 Jahre alt. Was Bayern betrifft, ist auf der Liste auf Rang 32 außerdem der noch lebende emeritierte fränkische Kurienkardinal Walter Brandmüller zu finden, er ist 96,6 Jahre alt.
Ältester Kardinal aller Zeiten war bislang Corrado Bafile, italienischer Vatikandiplomat und Papstbotschafter in Deutschland, der 101,5 Jahre alt wurde. Derzeit ältester noch lebender Kardinal ist der Italiener Angelo Acerbi, der Ende September 100 Jahre alt wird.
Immer wieder haben Forscher versucht, die Frage wissenschaftlich zu beantworten, ob Geistliche länger leben als andere Menschen. Eine eindeutige Antwort ist darauf erwartungsgemäß nicht zu finden, da die Lebenserwartung von vielen verschiedene Faktoren beeinflusst wird.
In Klöstern gibt es weniger negative Umwelteinflüsse
Eine Studie der Universität Oxford zeigt, dass die konkreten Lebensumstände sowie der eigene Lebensstil mehr Einfluss auf die Lebenserwartung haben als die genetische Disposition. Rauchen, zu wenig Schlaf und Bewegung sowie Einsamkeit würden das Leben merklich verkürzen, genauso wie finanzielle Sorgen und die Angst vor dem Verlust des Jobs und der Wohnung. Da haben es Menschen, die in geistlichen Gemeinschaften leben, gut: Mönche und Nonnen in einem Kloster sind solchen negativen Umwelteinflüssen seltener ausgesetzt.
In einer deutsch-österreichischen Klosterstudie der Universität Wien zeigte sich, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Ordensmännern höher ist als bei Männern außerhalb der Klostermauern. Laut dem Zwischenergebnis der Langzeitstudie aus dem Jahr 2024 wirkt sich der Klosteralltag positiv auf die Lebenserwartung aus. Besonders das stressreduzierte Leben, der geregelte Tagesablauf, Entspannungsphasen im Gebet und beim Meditieren, weniger Existenzängste, ein höherer Bildungsgrad und gesünderes Essen trügen dazu bei.
Unterschiede: Leben im Kloster und Leben als Pfarrer
Allerdings: Das Leben als Mönch oder Nonne im Kloster unterscheidet sich enorm vom Leben eines Pfarrers oder Bischofs. In beiden Konfessionen ähnelt der Job eines Pfarrers dem eines Managers. Evangelische wie katholische Pfarrer haben nicht selten eine 70-Stunden-Woche, leiten eine Verwaltung, treffen personelle und finanzielle Entscheidungen und sind oft Tag und Nacht verfügbar. Schon Ende der 1990er zeigte eine Studie, dass Pfarrer, ähnlich wie Lehrer und Pflegekräfte ein erhöhtes Burnout-Risiko haben.
Und auch wenn es dafür bisher noch keine eindeutigen Studien gibt, sprechen Suchtforscher bei Pfarrern – katholisch wie evangelisch – von einer Berufsgruppe, die besonders gefährdet ist, ein Alkoholproblem zu entwickeln. Gerade die zölibatär lebenden katholischen Pfarrer leiden zudem häufiger unter Einsamkeit. Man sieht also: Ein geistliches Leben kann sehr unterschiedlich verlaufen, wie andere Biografien auch.
Übrigens, laut Forschern spielt auch der Glaube an ein Leben nach dem Tod eine positive Rolle für die Lebenserwartung. Allerdings ist auch das natürlich relativ. Nimmt doch der Glaube ans Jenseits in Deutschland generell ab, doch die Lebenserwartung steigt kontinuierlich. Männer werden heute im Schnitt sechs Jahre älter als noch 1990. Frauen werden vier Jahre älter als Anfang der 1990er.