KI-Kinderbücher fluten Amazon – Experte sieht das kritisch
Kinderbücher mit KI generieren, mit dieser Idee ist Georg Neumann nicht allein. Seit ein paar Monaten fluten mutmaßlich von KI geschriebene Kinderbücher die Online-Verkaufsplattform Amazon. Die Vermarktung funktioniert ohne Verlag, die Titel werden direkt auf Amazon eingestellt und dort oft erstaunlich gut bewertet: Sie landen teilweise auf Platz 1 von Bücherlisten und sind damit sichtbarer als andere Bücher. Die Geschichten handeln von Helden, Fantasiewesen und Romanzen – alles nach einem Mainstream-Schema.
Das allein wäre noch nichts Besonderes, sagt Prof. Jan Standke, Vorsitzender des Arbeitskreises für Jugendliteratur: „Auch in der nicht-KI-generierten Kinder- und Jugendliteratur gibt es einen sehr großen Bereich von Texten, die mit Stereotypen operieren, die in serieller Weise immer wieder sehr ähnliche Handlungsmuster reproduzieren.“
Kinder- und Jugendliteratur kann Kreativität fördern, Konflikte erklären oder schlicht Lust auf Lesen machen. Doch dafür brauche es authentische, menschliche Erfahrungen, so Standke: „AutorInnen, das sind selbst mal Kinder und Jugendliche gewesen, das sind Mütter, Väter, Schwestern, Brüder, das sind Individuen, die erlebt haben, wovon sie schreiben. Nicht immer eins zu eins, aber dennoch ist es, glaube ich, eine wichtige Überzeugung, die für uns literarische Texte interessant macht, dass darin die Erfahrung eines Menschen steckt.“
Verlagsgründerin: KI-generierte Transkripte noch erkennbar
Auch die meisten Verlage kritisieren KI-generierte Kinderbücher. Lisa Hammerl, Gründerin des Limbion Verlags, ist selbst durchaus technik- und KI-affin. Aber ihr Verlag hat sich entschieden, weiterhin analog zu arbeiten. Das liegt vor allem am Anspruch, den sie an die Bücher hat: „Wir wollen mehr Wahrheit ins Kinderbuch bringen, weil wir glauben, Kinder sind stark, sie erleben ja die Welt, warum muss ich die eigentlich immer wegpädagogisieren in Kinderbüchern? Muss ich nicht. Und gerade das ist total heikel, weil da ist viel Klischee.“
Der Limbion Verlag verfolgt einen internationalen Ansatz. Da gibt es Themen, denen eine KI nicht gerecht werden könne, sagt Lisa Hammerl: „Wir haben vor kurzem ein Buch aus Kanada über ein indigenes Mädchen, das in den 80er-Jahren in British Columbia aufwächst, übersetzt und lektoriert. Und wie machen wir das mit den indigenen Begriffen aus den 80er-Jahren, die darf man ja nicht ungefiltert nach heute ziehen. Und da ging es ja ganz viel darum, wo setzen wir die Grenze, wo öffnen wir uns? Und wie soll ich das irgendwie prompten in der KI?“
Lisa Hammerl bekommt bereits KI-generierte Transkripte zugeschickt. Die erkennt sie – noch: Der Plot zu simpel, die Figuren zu flach. Technologie will sie nur fürs Marketing einsetzen, um ihre Bücher sichtbar zu machen. Ansonsten nicht. Sie ist überzeugt: Für spannende und komplexe Geschichten braucht es bisweilen am Ende eben doch: einen Menschen.