Eine Kirchengemeinde in München an einem Montagnachmittag. Heute entscheidet sich für Nael (Name geändert), ob er bleiben kann oder in wenigen Tagen abgeschoben wird. Zuletzt war er in einem Flüchtlingslager in Bulgarien. Dahin soll er nun zurück. Aber Nael will nicht zurück: „Ich will nicht sterben. Ich bin nicht bereit, ins Gefängnis zu gehen oder zu sterben.“ Deshalb hat er um Kirchenasyl gebeten. Wird er es bekommen?
Kirchengemeinden gewähren Schutz
Im evangelischen Landeskirchenamt ist Diakon David Geitner für alle Kirchenasyle in Bayern zuständig, die in evangelischen Gemeinden gewährt werden. Jeden Tag erhält er mehrere Anfragen. Doch nur wenige nimmt er an. Laut eigener Aussage bekommen acht von zehn Fällen kein Kirchenasyl.
Auch über Naels Fall muss Geitner entscheiden. Dabei hilft ihm eine Zusammenfassung des Falls, die er von einer Nichtregierungsorganisation (NGO) bekommen hat. Darin heißt es, dass Nael Familienvater von drei Kindern ist und aus Syrien über die Türkei nach Bulgarien und weiter nach Deutschland geflohen ist. In Bulgarien war er in mehreren Flüchtlingslagern untergebracht. Zu seinen Erfahrungen dort heißt es in dem Bericht: „Er wurde mit Gummiknüppeln verprügelt, mit Stiefeln getreten. Er wurde mit Hunden angegriffen und hat immer wieder Polizeigewalt erlebt.“ Außerdem sei die Unterkunft verdreckt und voller Wanzen gewesen.
Genügend Gründe aus Sicht der Kirche, Asyl zu gewähren. Doch stimmt die Geschichte? Geitners Job ist es nun, genau das zu überprüfen. Gibt es Unstimmigkeiten, müsste Nael nach Bulgarien zurück. Denn er ist ein sogenannter Dublin-Fall. Das bedeutet, das Ersteinreiseland ist für sein Asylverfahren zuständig. In einem persönlichen Gespräch will Geitner herausfinden, ob die Schilderungen plausibel sind. Die Informationen braucht er nicht nur für sich, sondern auch für ein Dossier, dass er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorlegen muss.
Wer bekommt Kirchenasyl – und warum?
Kirchenasyl bedeutet, dass Kirchengemeinden Geflüchtete für eine begrenzte Zeit bei sich aufnehmen, um sie vor einer drohenden Abschiebung zu schützen. Dabei geht es um sogenannte Härtefälle: den Menschen würde im Falle einer Abschiebung Folter, Tod oder schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Durch das Kirchenasyl soll Zeit gewonnen werden, damit der jeweilige Fall noch einmal geprüft wird. So haben es BAMF und Kirchen 2015 vereinbart. Da es aber keine rechtliche Grundlage gibt, sprechen Kritiker von Rechtsbruch.