Es könnte eigentlich auch ein normales Video sein, wie eine Person einer anderen die Nägel macht. Aber in diesem TikTok-Clip geht es um die Nägel einer Puppe. Konkreter: Um die Nägel eines Labubus, die da gerade aufgehübscht werden. „Labubu“ ist das Wort der Stunde. Und steht für das neueste Trend-Accessoire, das gerade viral geht. Dabei ist es gar nicht so handlich. Labubus sind nämlich eigentlich Plüschtiere.
Sie haben ein breites Grinsen drauf, fletschen dabei ein wenig ihre Zähne und gucken meist recht boshaft. Ja, sie sind nicht besonders schön. Oder wie es eine andere TikTok-Userin zusammenfasst: „Ihr könnt mir sagen, was ihr wollt, aber dieses besessene Frettchen ist einfach wirklich gottlos und macht jede schöne Tasche ultimativ ugly.“
Niedlichkeit als Trost
Kulturwissenschaftlerin Annekathrin Kohout hat sich viel mit dem Phänomen der „Cuteness“, also der Niedlichkeit, beschäftigt. „Ich würde schon sagen, das Labubu ist eine cute Figur, aber auf so eine gebrochene Art und Weise.“ Man könne es auch als „ugly cute“ oder „creepy cute“ bezeichnen. „Ich glaube, dass man generell beobachten kann, dass (…) man sich mit niedlichen Dingen umgibt, weil man vielleicht gerade besonders viel Trost braucht“, sagt Kohout.
Labubus als Statussymbol
Und die Labubus sind ein neues Statussymbol geworden. Erwachsene tragen sie am liebsten sichtbar an ihren Handtaschen, am besten gleich mehrere auf einmal. Ein Signal in Richtung: Schaut her, ich habe eines der begehrten Tiere bekommen. Denn begehrt sind sie. Teilweise stehen die Menschen mehrere Stunden für sie an. Oder geben Hunderte von Euros für sie aus. Schließlich gibt es auch einige Limited Editions.
Die Idee zu den Labubus kam dem Hongkonger Designer Kasing Lung vor etwa zehn Jahren. Damals noch für seine Kinderbücher „The Monsters“, bei dem er von nordischen Mythen inspiriert wurde. Die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Unternehmen Pop Mart machte sie 2019 dann berühmt. Das Konzept von Pop Mart: Spielzeugfiguren für Erwachsene.
Umsatz von rund 810 Millionen US-Dollar im ersten Halbjahr 2024
Und weltberühmt wurden die Labubus dann spätestens, als sich Lisa, Sängerin der koreanischen Popband Blackpink, im Interview mit „Vanity Fair“ als Fan outete: „If this guy has a tail, they call it Zimono. If she doesnt have a tail, we call her labubu.“ Dann haben andere Prominente nachgezogen.
Laut „Forbes“ erreichte eine Serie der Labubus im ersten Halbjahr 2024 einen Umsatz von rund 810 Millionen US-Dollar. Und mittlerweile gibt es unzählige Serien der Plüschfiguren. Sogar der Louvre ist miteingestiegen und verkauft Labubus in limitierten Fassungen, verkleidet als berühmte Kunstwerke, wie die „Mona Lisa“ oder „Die Frau mit dem Perlenohrring“.
Verkauf in Blind-Boxes
Kohout erkennt beim Trend um die Labubus „eine eigene, interessante Rezeptionslinie, die den Trend auf jeden Fall begünstigt.“ Da gebe es dann verschiedene Formate vom Unpacking Video, das den Vorgang des „Auspackens“ zelebriert, bis hin zum Reaction Video, in dem die Reaktion auf den Inhalt der Box filmisch festgehalten wird.
Es ist ein alter Marketingtrick, der die Labubus besonders reizvoll macht: Labubus werden in sogenannten Blind-Boxes verkauft. Vergleichbar mit einem Überraschungsei. Oder einer Panini-Packung. Jeder Kauf ein potenzieller Dopaminrausch. Wird es eine Limited Edition oder ein Standard-Labubu sein? Videos solcher „Unboxings“ klicken sich auf TikTok millionenfach. Und zeigen: So geht eine ganze Generation mit ihrem „Erwachsenengeld“ um, wie es ironisch auf Social Media heißt. Aber so muss es wohl sein, wenn die Generation Ü-Ei groß wird.