Die Geschichte beginnt mit einer einfachen Pappschachtel, eingewickelt in gewöhnliches Packpapier. Elise Heimann hat sie gefüllt mit Familienfotos, Dokumenten und Zeugnissen. Das war im Jahr 1942. Kurz darauf kam die Gestapo und deportierte sie und ihren Mann Max in ein Konzentrationslager. Adressiert ist das Paket an die Kinder der beiden, die sie kurz zuvor außer Landes geschafft hatten.
Sohn Theo wurde alleine losgeschickt
Tochter Käthe kam in England unter, für Sohn Theo ergatterten die Eltern die letzte Fahrkarte für ein Flüchtlingsschiff einer jüdischen Organisation. Er wurde als 13-Jähriger allein losgeschickt, mit dem Versprechen der Eltern: „Wir kommen nach.“ Sie konnten es nicht halten: Elise und Max Heimann wurden 1942 im KZ ermordet.
Das Paket ging jahrzehntelang ungeöffnet durch viele Hände und landete irgendwann beim Verein für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Weiden auf einem Dachboden – bis Journalistin Christine Ascherl die Familiengeschichte der Heimanns für ein Buch recherchierte. Tatsächlich gelang es ihr, den Sohn der Heimanns in Israel ausfindig zu machen.
Post von den Eltern nach 82 Jahren
Der junge Ankömmling ist jetzt 99 Jahre alt. Er wurde umbenannt und heißt jetzt nicht mehr Theo Heimann, sondern Daniel Heiman. In Israel kennt man ihn als Kibbuz-Gründer und einen der ältesten Studenten des Landes. Als Christine Ascherl ihm vor einem Jahr – mitten im heißen Nahostkonflikt – das ungeöffnete Paket überreichte, war die Freude groß. „Er hat die Dokumente regelrecht herausgezupft und sofort erklärt, wer auf den Fotos ist“, erzählt sie. Mehrmals wiederholt der damals 98-Jährige: „Das passiert auch nicht jedem, dass er nach 82 Jahren noch Post von seinen Eltern bekommt.“