Fazit des TASS-Chefs: „Wir mussten viele Jahre leben, um heute zu verstehen, dass Pluralismus und Glasnost [Transparenz] zu Werkzeugen der Unterwanderung unserer Werte wurden. So wurden die Säulen, auf denen der Staat ruhte, untergraben. Man lehrte uns – nicht ohne Erfolg –, die UdSSR zu verachten und zu hassen.“ Korruption, Veruntreuungen und willkürlicher Machtmissbrauch hätten seinerzeit die Schlagzeilen beherrscht.
„TASS ist endlich befugt, die Wahrheit zu sagen“
Für diese merkwürdige Bestandsaufnahme erntete der Putin-Propagandist jede Menge Hohn. So schrieb der Publizist Wadim Schumilin [externer Link]: „TASS ist endlich befugt, die Wahrheit zu sagen. Ausnahmsweise. Nämlich, dass Pluralismus und Glasnost vorbei sind. Dass es sinnlos ist, über Korruption, Veruntreuung oder willkürlichen Machtmissbrauch zu sprechen. Dass nicht jeder (außer den Zensoren) alles hören und sehen sollte. Denn Glasnost und Pluralismus sind tödlich gefährlich für den Staat, dem Alexander Kondraschows Agentur dient.“
Spöttisch verwies Schumilin darauf, dass die russische Regierung 1992 versucht habe, die alte, sowjetische TASS an die neuen, freiheitlichen Gegebenheiten anzupassen: „Zugegeben, jene, die versuchten, eine Schlange mit einem Igel zu kreuzen, hofften, die Zeit würde alles für sie erledigen, die Einzelheiten von allein regeln, sodass keine drastischen, schwierigen oder konfliktgeladenen Entscheidungen nötig wären: Die Hälfte der alten TASS würde mir nichts, dir nichts von selbst verschwinden. Am Ende verschwand aber die Hälfte der neuen TASS. Und nun spricht das Land mit der Stimme eines Staates, der vor 34 Jahren ruhmlos unterging.“
„Härter durchgreifen“
Bei kremlkritischen russischen Bloggern gilt Kondraschow als „wahrer Putin-Patriot“ [externer Link], der gegen ordentliche Honorare „absolut loyal“ sei: „Er leistete PR-Unterstützung für Oligarchen, Spitzenbeamte und diverse Organisationen auf staatlichen Fernsehsendern gegen Barzahlung. VIP-Service bedeutete, in der wöchentlichen Nachrichtenübersicht im Zusammenhang mit Putin erwähnt zu werden.“
Als Kondraschow im Juli 2023 zum TASS-Chef ernannt wurde, zitierte Politologe Georgi Bovt seinen Kollegen und notorischen Propagandisten Sergei Markow, der mittlerweile als „ausländischer Agent“ gebrandmarkt ist: „Wir müssen sehr viel härter durchgreifen.“

