Er sei fest davon überzeugt, dass sie gefragt habe, sagt Max Uthoff im Interview. Tochter Toni ist da anderer Meinung: Es war der Papa, der den Vorschlag gemacht hat, es doch mal gemeinsam auf der Bühne zu versuchen. Und warum nicht, dachte sich Toni. „Wenn er schon meine Witze klaut …“
Das Vater-Tochter-Gespann kommt nicht ganz überraschend
Die Zusammenarbeit der beiden kommt nicht völlig überraschend, soviel ist klar. Immer wieder mal hat der Kabarettist Max Uthoff in der Vergangenheit auf der Bühne Gags und Geschichten eingeleitet mit Worten wie: „Meine Tochter Toni findet ja …“ oder „Toni hat mir erzählt, dass …“ Und so erscheint es eben nur folgerichtig, dass sie nun tatsächlich mit ihrem Vater auf der Bühne steht.
Erstmal ist alles wie immer. Max Uthoff betritt die Bühne und kommentiert gewohnt sarkastisch das politische Zeitgeschehen. Aber diesmal ist sein Solo lediglich das Warm-up für den eigentlichen Act. Denn gut fünf Minuten nach Beginn schaltet sich Toni Uthoff mit Zwischenrufen aus dem Publikum ein und macht sich auf den Weg zur Bühne.
Zwei aus zwei Welten, aber mit gemeinsamer Basis
Dort oben angekommen, stellt sie nicht nur die „goldenen Zeiten fürs Kabarett“ in Frage, die ihr Vater gerade ausgerufen hat, sondern ganz grundsätzlich den Sinn von Kabarett überhaupt. „Du machst seit über 20 Jahren politisches Kabarett (…) und trotzdem wird Friedrich Merz Bundeskanzler“, hält sie dem Papa vor.
Und so stehen sie sich nun gegenüber wie zwei Duellanten, in der Hand Mikrophon statt Revolver. Die Schussdistanz zwischen ihnen ist der Altersunterschied von 40 Jahren, gefeuert wird mit Pointen statt Patronen. Ein Showdown zwischen einem Teenie-Girl der Generation TikTok und einem weißen, alten Mann, Typ privilegierter Biodeutscher mit Bildungsdünkel und SZ-Abonnement, der Gefahr läuft, den eigenen Referenzrahmen zum Maß aller Dinge zu machen.
Aber nicht nur im Interview nach der Vorstellung, auch auf der Bühne ist eine große Nähe und Sympathie zwischen Max und Toni Uthoff, zwischen Vater und Tochter, zu spüren. Das liegt daran, dass Max Uthoff den alten, oder naja, sagen wir mal, alternden weißen Mann nicht in der kotzbrockig-reaktionären Variante dieses Typus gibt, der sich Frauen am liebsten zurück an den Herd wünschen würde.
Diese Rolle würde nicht nur gar nicht zu ihm passen; die Fronten im Generationen- und Geschlechterkonflikt würden sich dabei auch so klar abzeichnen, dass die Sympathien beim Publikum schnell eindeutig verteilt wären und der Schlagabtausch fad würde.
Nicht nur zwei Perspektiven, auch zwei Temperamente
Spannend ist dieser Vater-Tochter-Dialog aber gerade deshalb, weil die beiden unübersehbar eine ähnliche Weltanschauung und politischen Einstellung haben, und dennoch Differenzen sichtbar werden. Unterschiedliche Perspektiven, die sich – über alle Übereinstimmung im Grundsätzlichen hinweg – quasi automatisch einstellen, allein dadurch, dass hier eben zwei Menschen entgegengesetzten Geschlechts und verschiedener Generationen aufeinandertreffen.
Diese Perspektive, die Toni Uthoff dabei einbringt, ist eine, die immer wieder als Korrektiv wirkt – zum Beispiel zu der kulturpessimistischen, auch im Kabarett beliebten, eher pauschalen Ansicht, dass Social-Media-Konsum Menschen grundsätzlich verblödet, ihre Aufmerksamkeitsspanne reduziert und überhaupt für alle Übel der Gegenwart verantwortlich gemacht werden kann. Oder zur nicht minder unter einer älteren Generation verbreiteten Überzeugung, dass früher alles besser war, und zwar gerade weil es die Kinder nicht so gut hatten wie heute, sprich: weil sie noch nicht so konsumverwöhnt waren.
Aber das gemeinsame Programm funktioniert auch deshalb so gut, weil sich im Vater-Tochter-Duo nicht nur zwei Sichtweisen ergänzen, sondern auch zwei Bühnen-Temperamente. Hier der eloquente Berufszyniker, der sich ansatzlos in Fahrt reden kann, dort das eher lauernde Naturell der Tochter, die dem Papa schlagfertig und mit trockenen Kommentaren immer wieder den Stecker zieht, wenn er zum im Kabarett klassischen „Mansplaining“ ansetzt. Eine gute Mischung! Also von wegen: „Einer zuviel“. Das hat – auch als Duo – Zukunft.
Im Video: Max und Toni Uthoff zu Gast bei der Abendschau