Wenn in München die große Christopher-Street-Day-Parade durch die Innenstadt zieht, dann läuft Frank in der ersten Reihe. Besser gesagt, er stöckelt. Denn Frank schlüpft in die Rolle der Dragqueen, einer weiblichen Kunstfigur auf Highheels. Frank wird dann zu Franka.
Für ihn ist das das Highlight des Jahres: „Diesmal habe ich mir ein Rosen-Kostüm genäht, im Rokoko-Stil“, erzählt er. Dazu hat er dutzende Rosen gebastelt, aus Moosgummi und Stoff. In bunten Gestecken ragen die Blüten über seinen Kopf, seine Hüften ziert ein Blumengürtel. Allein das Basteln des passenden Gestells, zum Stützen des aufwendigen Kostüms, war eine Herausforderung. „Das ist mein Hobby, dafür fange ich Monate vorher an zu basteln“, erklärt der Münchner. Von Beruf ist er eigentlich Friseur, das Nähen und Basteln hat er sich selbst beigebracht.
CSD-Kostüme: Jedes Jahr aufwendiger und diverser
Mit 70 Jahren ist Frank einer der ältesten Teilnehmer der CSD-Parade. Er erinnert sich noch gut an seinen ersten Auftritt 1994, vor 31 Jahren. „Damals habe ich mir von meiner Schwester ein Kleid geliehen“, sagt er. Früher habe er weniger Geld gehabt, und es gab keinen billigen Online-Versand für Pailletten oder Pfauenfedern. Inzwischen bastelt er sich jedes Jahr ein neues Kostüm. Gern erinnert er sich an seine Verkleidung als Schminktisch. Davon druckte eine New Yorker Tageszeitung sogar ein Foto ab. Als Hibiskus-Blüte, Königin oder Pfau ist er auch schon aufgetreten.
Bei Frank und vielen anderen CSD-Teilnehmern werde die Kostüme jedes Jahr aufwendiger und diverser – ein bundesweites/weltweites Phänomen, beobachtet die Modesoziologin Anna Gerlach von der Goethe-Universität Frankfurt. „Damit setzen die CSD-Teilnehmer ein kreatives Statement für eine Befreiung von sozialen und bürgerlichen Normen, zugunsten gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.“ Wer sich auf dem CSD bunt und schillernd präsentiere, drücke visuell aus, dass er mit seiner Geschlechterrolle spiele, auch mit seiner Geschlechtsidentität, so Gerlach.
Dass auf den CSD-Paraden auch immer wieder Pupplayers zu sehen sind, also Menschen mit Hundemasken, die andere an der Leine führen, findet die Wissenschaftlerin nicht anstößig. Beim CSD gehe es darum, Grenzen auszutesten.