Die GenY ist im Oasis-Fieber und die GenZ fiebert mit. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man sich die unzähligen Bilder und Videos von den vergangenen Oasis-Konzerten in Cardiff und Manchester auf Social Media ansieht: Auffallend viele junge Menschen huldigen den alternden Rockstars.
Dass die Jungen die Musik der Älteren hören und abfeiern, ist zunächst einmal kein neuer Befund, sagt Barbara Hornberger, Professorin für Musikwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. Denn den generationalen Unterschied wie es ihn vielleicht noch in den 70er-Jahren gegeben habe, den gibt so heute nicht mehr. Also etwa: „Menschen über 40 hören Schlager, Menschen unter 30 hören Rock“. Popmusik wird heute über alle Altersklassen hinweg gehört.
Junge hören Musik anders als die Älteren
Und tatsächlich, fragt man junge Menschen Anfang 20 nach ihren musikalischen Vorlieben, dann ist da einiges dabei, das auch schon die ein oder andere selbstgebrannte CD Anno 2000 geschmückt haben dürfte: Von Radiohead über The Cure bis hin zu The Strokes und sogar den Beatles ist alles dabei.
Die Musik ähnelt sich, aber die Art, wie junge Menschen Musik hören, hat sich verändert. Sie hören eher Songs, keine Bands – und schon gar keine ganzen Alben mehr: „Ich glaube, ich weiß nicht mal, ob ich Bands hören würde, ich hab ein riesiges Spotify-Portfolio“, erzählt zum Beispiel der 23-jährige Chieloka.
Musik als Identitätsstifter
Die großen Streamingdienste verändern das Hörverhalten. Die Genregrenzen sind fließend geworden – eine riesige Musikbibliothek ist immer und überall für wenig Geld verfügbar. Aber diese Allgegenwärtigkeit führt eben auch dazu, dass Musik „entwertet“ wird, sagt die Musikwissenschaftlerin Barbara Hornberger. Und deswegen habe „die Bedeutung von Musik für Szenebildung, Identitätsstiftung und Gruppenfindung nachgelassen“. Was wiederum ein Grund dafür sein könne, dass Konzerte „so attraktiv geworden“ sind.
Attraktiv für Bands wie Publikum: Tourte eine Band noch vor ein paar Jahren, um ihre Platte zu verkaufen, sind Konzerte für Bands heute die Haupteinnahmequelle – und deswegen auch viel teurer als früher. Und das Publikum bekommt für viel Geld das Gefühl von Exklusivität. Denn im Gegensatz zu den für alle immer und überall zugänglichen Musikbibliotheken, ist der Zugang zu den Konzerten begrenzt.
Konzerte als Social Media Events
In ist, wer drin ist. Und wer drin ist, der findet auf Konzerten heutzutage das perfekte Setting vor, um Social Media-Clips zu erstellen, die eben nicht jeder hat. Nicht umsonst werden heutzutage die Bühnenshows von großen Produktionen für Social Media optimiert. Denn auch die Bands profitieren von den Clips, sagt Barbara Hornberger. „Der Content geht nochmal hundertfach, tausendfach ins Netz und die sozialen Netzwerke und immer ist die Band zu sehen und immer wird gefeiert, wie großartig es war.“
Eine bessere Werbung kann es eigentlich gar nicht geben. Und wenn dann noch die Geschichte, die die Band erzählt, verfängt, steht einem weltweiten Hype, der alle Altersgruppen erfasst nichts mehr im Wege. „Ich kann durch so eine Reunion in eine Vergangenheit reisen, die vielleicht auch ein bisschen cooler war und über die meine Eltern so wahnsinnig tolle Geschichten erzählen.“ Und das alles führe dann eben dazu, dass diese Oasis-Konzerte „gerade so aufgeladen“ seien.
Aber vielleicht ist alles ja auch ganz einfach, und die GenZ geht aus genau denselben Gründen auf Konzerte wie vor ihnen schon die GenX und die GenY: Die ganze Wucht von Musik in einem konkreten Moment ganz ungefiltert erfahren und die Gegenwart für ein paar Stunden komplett ausblenden.